Reaktion auf den uhz-Bericht vom letzten Sonntag

Streit um Bothenheilinger Spendengelder eskaliert

Donnerstag
03.11.2022, 19:20 Uhr
Autor:
osch
veröffentlicht unter:
Am Sonntag berichteten wir über den sich anbahnenden Streit in Bothenheilingen, wo es jetzt an die Verteilung der Spendengelder nach der Brandkatastrophe im Juli ging. Zur Klärung der vollzogenen Aufteilung stellte die uhz online parallel Anfragen an die involvierten Bürgermeister Roth und Hettenhausen …

Die Antworten der beiden Amtsträger auf die Frage, wie sich der Verteilungsschlüssel der Spendengelder zusammensetze sind schnell wiedergegeben. Hans-Joachim Roth, Bürgermeister der Stadt Nottertal-Heilinger Höhen, die das offizielle Spendenkonto in Schlotheim eingerichtet hatte, antwortete auf unsere e-mail wie folgt: „Ich habe Ihren Artikel gelesen. Zu der Verteilung der Spendengelder werde ich mich nur in Gegenwart von dem Ortschaftsbürgermeister Herrn Hettenhausen äußern. Weiterhin möchte ich auf den Datenschutz aufmerksam machen.“ Der angesprochene Ortschaftsbürgermeister André Hettenhausen antwortete uns bisher gar nicht, äußerte sich stattdessen aber umfangreich in einem regional erscheinenden Printmedium. „Für uns stand fest, dass eine abgebrannte Firma samt Wohnhäusern einen größeren finanziellen Schaden verursacht als die Möblierung einer Drei-Raum-Wohnung. Dementsprechend haben wir das Geld aufgeteilt“, sagte er dort und führt aus, dass die Tischlerei die Hälfte der Spendensummen bekommen habe. Die andere Hälfte sei je nach Schadenshöhe unter den Bewohnern des Vierseitenhofes und des zweiten Brandortes aufgeteilt worden.

Streit um Spendengelder nach dem Feuer in Bothenheilingen (Foto: Silvio Dietzel) Streit um Spendengelder nach dem Feuer in Bothenheilingen (Foto: Silvio Dietzel)

Aus dem sechsköpfigen örtlichen Gremium in Bothenheilingen, das für die Verteilung der Spenden zuständig war, meldete sich Alexander B. bei der uhz online und erklärte wörtlich: „Der von Ihnen dargestellte Sachverhalt ist unzutreffend. Die im Artikel genannten Spendengelder sind nur auszugsweise dargestellt und umfasst nicht die gesamten Spendeneinnahmen der im Artikel beschrieben in drei Familien. Vielmehr sind Gelder aus der Soforthilfe mit aufzurechnen so dass ich hier eindeutig differenzierteres Bild ergibt. Die von Ihnen dargestellte Recherche umfasst nicht die Gesamtdarstellung des Sachverhalts.“

Herr B. bezieht sich auf die Soforthilfe aus der Spendenaktion von Antenne Thüringen (30.000 Euro) und seine Kenntnis über die privaten Spendensammlungen der obdachlosen Familien, die von diesen unabhängig von der offiziellen Spendenaktion gestartet wurden. Herr B. führt an, eine der Familien habe „von den 210.000 Euro (teilweise Sachspenden und zweckgebunden Spenden) circa 10.000 Euro erhalten. Das schon mal zur Klarstellung.“

In die Sachspenden fließt beispielsweise eine Summe von 20.000 Euro ein, die eine Firma in materieller Form als Baumaterial geleistet hat. Logischerweise wird diese Spende nicht unter den Obdachlosen aufgeteilt, sondern kommt der abgebrannten Tischlerei zugute.

Herr B. erklärt weiter: „Die Summen sind zu 100 Prozent an die Betroffenen verteilt worden. Hierzu gab es einen Rechenschlüssel, der den individuellen Schaden berücksichtigt. Folgerichtig haben Geschädigte, die Haus oder Firma verloren haben, potentiell mehr Spendengelder erhalten als Mieter die bedauerlicherweise ihren Hausrat verloren haben.“

Ob es bei einer Familie mit mehreren Kindern bei den erlittenen Verlusten mit dem „Hausrat“ getan ist, wollen wir hier nicht weiter beleuchten. Dass die Summen vollständig an die Betroffenen verteilt wurden, wird hingegen von niemandem in Abrede gestellt. Über den genauen Verteilerschlüssel verrät uns der Herr B. allerdings nichts.

Konkreter wird da schon Bothenheilingens Bürgermeister André Hettenhausen, der in oben erwähntem Artikel weitere Sachleistungen außer den 20.000 Euro anspricht, allerdings ohne sie zu beziffern. Am Ende teilt er den Lesern doch noch eine Summe mit, die an Bargeld zur Verteilung stand. Es waren 160.000 Euro.

Bemühen wir den Taschenrechner stellt sich heraus, dass die fünfköpfige Familie, die 5.000 Euro aus dieser Summe erhielt, einen Prozentsatz von 3,125 ausgezahlt bekam. Die vierköpfige Familie mit einer Auszahlung von 4.700 Euro erhielt 2,94 Prozent, der alleinstehende ehemalige Mieter des vernichteten Hauses mit 3.700 Euro Spendenausschüttung kommt auf 2,31 Prozent der eingesammelten 160.000 Euro. Insgesamt erhielten diese zehn von 23 geschädigten Personen ganze 8,37 Prozent der Auszahlungssumme.

„Alle Geschädigten hatten und haben immer noch die Möglichkeit, sich den Verteilungsschlüssel erklären zu lassen“, sagte Hettenhausen im oben zitierten Zeitungsartikel. Genau das werden einige von ihnen jetzt tun. Denn so vehement wie der Herr B. sich in seiner mail an uns gegen Gerüchte über die Verwendung der Spendengelder verwahrt, werden die obdachlos gewordenen Familien den Unterstellungen begegnen, sie wären gierig und könnten den Hals nicht voll genug bekommen.
Olaf Schulze