Um die Verteilung der Spendengelder nach der Brandkatastrophe entbrennt Streit

Unschönes Nachspiel in Bothenheilingen

Sonntag
30.10.2022, 19:15 Uhr
Autor:
osch
veröffentlicht unter:
In Bothenheiilingen scheint sich ein handfester Skandal um die Verteilung von Spendengeldern anzukündigen. Bei dem verheerenden Brand Mitte Juli verloren fünf Familien ihre Wohnungen und sämtliches Hab und Gut, als eine Tischlerei im Ortskern durch einen technischen Defekt in Flammen aufging und einen Flächenbrand auslöste…

Ein Großbrand vernichtete im Sommer mehrere Wohnungen in Bothenheilingen. Jetzt gibt es Streit um die eingegangenen Spendengelder (Foto: Silvio Dietzel) Ein Großbrand vernichtete im Sommer mehrere Wohnungen in Bothenheilingen. Jetzt gibt es Streit um die eingegangenen Spendengelder (Foto: Silvio Dietzel)

Die Bevölkerung und Medien starteten thüringenweit, vor allem aber in der Umgebung der Gemeinde, eine beispiellose Solidaritätsaktion für die Geschädigten. Alleine der Radiosender Antenne Thüringen brachte mit seinen Hörern über 30.000 Euro an Spendenmitteln auf, die an die betroffenen Familien verteilt wurden. Aufgrund dieser Summe wurde pro geschädigter Person ein Betrag von 1.300 Euro ausgezahlt, was sich aus der Division durch die 23 insgesamt involvierten Personen ergibt.

Viele andere Spendenaktionen privater Initiativen, von Vereinen und Einzelpersonen liefen auf ein Spendenkonto, das die Stadt Schlotheim eingerichtet hatte. Insgesamt kamen hier 210.000 Euro zusammen, die nun nach Beendigung der Sammlung Ende Oktober an die Brandopfer verteilt werden sollten.

Unter denen war die Verwunderung groß, als sie jetzt auf ihren Konten Beträge von 3.700 Euro für alleinstehende Geschädigte und 4.700 Euro für eine vier- bzw. 5.000 Euro für eine fünfköpfige Familie vorfanden. „Wir hielten das erst für ein Versehen“, sagte einer der beiden Familienväter, die immer noch in Behelfsunterkünften bei Freunden und Familie wohnen. „Egal welchen Verteilungsschlüssel man ansetzt, da muss bei einer solch hohen Spendensumme mehr für eine vier- oder fünfköpfige Familie herauskommen.“

Setzt man einfach den gleichen Verteilungsschlüssel an wie es der Radiosender tat, wären das 9.130 Euro pro Person. Ein Betrag, der wirklich helfen könnte. Gar kein Geld bekamen bisher die Anwohner an der Brandstelle in Bothenheilingen, deren Scheiben im Feuer schmolzen und deren Dachrinnen und Fenster in Mitleidenschaft gezogen wurden.

Bothenheilingens Ortschaftsbürgermeister André Hettenhausen hatte angesichts der angelaufenen Spendenaktionen den nicht hausratversicherten Opfern der Katastrophe im Sommer versprochen: „Macht euch keine Sorgen, wir teilen das Spendenaufkommen gerecht auf, damit ihr euch eine neue Existenz aufbauen könnt.“ Davon sind die momentanen Geldflüsse jedoch meilenweit entfernt.

Die Tischlerei, in der das Feuer durch eine Explosion ausbrach, stand wie die Häuser auf dem Grundstück der Familie Niebergall. Die will jetzt schnell eine neue Werkstatt errichten und an der Stelle, wo der völlig niedergebrannte Vierseitenhof stand, Niedrigenergiehäuser errichten lassen. Bauen will die Familie selbst. „Wir haben die nötigen Kompetenzen“, sagte Tischlermeister Andy Niebergall dieser Tage in einem Interview. Der Fokus liege allerdings auf dem Wiederaufbau der Tischlerwerkstatt, nachdem die Versicherungsprobleme nun geklärt seien.

Die ehemaligen Bewohner des Grundstücks haben inzwischen Anwälte eingeschaltet und wollen wissen, nach welchen Kriterien die Spendengelder von den Verantwortlichen in Schlotheim aufgeteilt wurden. Eine Frage, die auch die uhz online jetzt den Bürgermeistern in Bothenheilingen und Schlotheim gestellt hat und ihre Antworten hier veröffentlichen wird.

„Wir sind einfach nur entsetzt und fassungslos“, sagte einer der Betroffenen heute der uhz online zu den Vorgängen. „Mit uns hat niemand über die Aufteilung gesprochen und ich kann mir nicht vorstellen, dass die Leute, die bei REWE ihre Wertmarken für uns gespendet oder in Vereinen bei Benefizveranstaltungen Geld gesammelt haben, das so gewollt haben.“

Die Gerüchteküche in und um Bothenheilingen wird zusätzlich angeheizt durch die Behauptung, die Stadt Schlotheim wolle jetzt den Hochbehälter im Ort sanieren lassen, der zum Zeitpunkt des Brandes defekt und vor allem leer war, so dass anfänglich am 18. Juli kein Löschwasser zur Verfügung gestanden hatte und von Landwirten erst an den Brandherd herangefahren werden musste. Nicht nur die Opfer der Feuerkatastrophe stellen sich die Frage, mit welchem Geld das finanziert werden soll.
Olaf Schulze