Verbände stellen sich gegen Industrie

NABU gegen Ausweitung des Gipsabbaus im Harz

Freitag
28.10.2022, 11:17 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Der NABU Sachsen-Anhalt und der NABU Thüringen sprechen sich gegen eine Ausweitung des Gipsabbaus im Südharz aus. Jedes Vorhaben dieser Art würde die Zerstörung der einzigartigen Karstlandschaft im Harz bedeuten...

Damit positionieren sich die beiden Verbände auch gegen die Pläne der Firma KNAUF, die in der Vergangenheit bereits mehrere Probebohrungen durchgeführt hat und offen einen vermehrten Abbau der natürlichen Vorkommen von Gips forderte.

„Werden die Vorhaben der Industrie umgesetzt, bedeutet dies das Aus für eine über 300 Millionen Jahre gewachsene Landschaft“, sagt Kirsten Schellenberg, die Landesgeschäftsführerin des NABU Thüringen. Mit ihrer ungewöhnlichen Geländearchitektur bietet die Karstlandschaft im Harz Lebensräume für eine einzigartige Tier- und Pflanzenwelt. Neben Orchideen-Buchenwäldern, Wildkatze und Uhu, bieten die strukturreichen Felsen verschiedenen Fledermausarten ein Zuhause.

Die betroffenen Gebiete liegen im „Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz“, dem weltweit größten Gipskarst-Biosphärenreservat. Darüber hinaus wären zum Teil auch andere Schutzgebiete von nationaler und europäischer Bedeutung betroffen.

Welche katastrophalen Folgen der Gipsabbau für das Naturdenkmal hätte, lässt sich im Gipsabbaugebiet Walkenried in Niedersachsen verfolgen. Durch die langjährige Förderung des Rohstoffs kam es zu massiven Schäden am Lebensraum. „Selbst bei erfolgreicher Renaturierung bleibt die ursprüngliche Artenvielfalt verloren“, erklärt Dr. Anne Arnold, die Landesgeschäftsführerin des NABU Sachsen-Anhalt. „Ein Verlust nicht nur für die Natur. Die Karstlandschaft trägt mit ihrem einzigartigen Relief zum Wert der Region bei und ist deshalb auch für Tourismus und die Menschen vor Ort von Bedeutung.“

Um die Karstlandschaft zu erhalten, fordert der NABU deshalb vor allem ein Umdenken im Bauwesen. Denn während Gips noch immer eine hohe Bedeutung zukommt, stellen Bauelemente aus Stroh, Lehm oder Holzfasern schon jetzt ökologisch und baubiologisch wertvolle Alternativen dar.

Doch selbst dort wo nicht auf Gips als Baustoff verzichtet werden kann, kann ein nachhaltiges Rohstoffmanagement große Menge an Natur-Gips einsparen. So bietet das Recycling von gipshaltigen Schuttresten ein enormes Potential und spielt vor allem in skandinavischen Ländern oder in Frankreich eine wichtige Rolle für die Deckung des Gipsbedarfs. Um die Karstlandschaft zu bewahren, ist es entscheidend, diesen Bereich auch in Deutschland auszubauen.

Laut eines Gutachtens, welches der BUND 2020 in Auftrag gegeben hat, wäre unter den entsprechenden Bemühungen ein kompletter Gipsausstieg bis 2045 möglich. Die Folge wäre nicht nur die Unabhängigkeit von der endlichen Ressource Gips, sondern auch die Bewahrung einer einzigartigen Landschaft für künftige Generationen.