Berufsbildung

Zu viele Umwege bis zum Abschluss

Mittwoch
26.10.2022, 05:00 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Der Übergang von der Schule in Ausbildung oder Studium funktioniert längst nicht so reibungslos, wie oftmals angenommen. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Bertelsmann-Stiftung, die Reformbedarf sieht...

Nicht einmal die Hälfte der Jugendlichen (43 Prozent) startet nach dem Verlassen der allgemeinbildenden Schule direkt und dauerhaft in Ausbildungs- oder Studienkarrieren – mit der Konsequenz, dass Jugendliche immer später eine Ausbildung beginnen: Im Schnitt sind sie dann bereits knapp 20 Jahre alt.

Ein Bachelorstudium oder eine Ausbildung dauern in der Regel drei Jahre. Doch selbst vier Jahre nach Verlassen der Schule hat weniger als die Hälfte (43 Prozent) der jungen Erwachsenen einen ersten Abschluss erworben. Für jeden siebten Jugendlichen ist die Situation sogar noch deutlich schwieriger. 15 Prozent haben nach vier Jahren noch nicht einmal den Einstieg geschafft oder sie haben eine Ausbildung nach kurzer Zeit wieder abgebrochen. Der Idealweg eines schnellen Übergangs von der Schule in Ausbildung oder Studium und in den Beruf ist also eher Ausnahme als Normalfall. Das zeigt die Auswertung von Daten des Nationalen Bildungspanels (NEPS) durch die Universität Göttingen und die Helmut-Schmidt-Universität Hamburg im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. Analysiert wurden die nachschulischen Bildungswege von 7.168 Personen.

Jedes Jahr bleiben 100.000 junge Menschen auf der Strecke
Diese Erkenntnisse sind alarmierend, warnen die Fachleute. „Denn diese Zahlen bedeuten, dass angesichts von rund 750.000 Schulabgänger:innen jährlich mehr als 100.000 junge Menschen das Risiko haben, langfristig ohne Berufsabschluss zu bleiben“, sagt Claudia Burkard, Ausbildungsexpertin der Bertelsmann Stiftung. „Als Ungelernte haben sie schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Und damit geringe Einkommen, wenig Aufstiegschancen und später eine knappe Rente.“

Unter diesen Jugendlichen sind überdurchschnittliche viele Personen mit einem niedrigen Schulabschluss, aus benachteiligten Familien und mit Migrationshintergrund. Besonders kritisch ist die Situation für junge Erwachsene mit maximal einem Hauptschulabschluss. Vier Jahre nach Verlassen der allgemeinbildenden Schule sind 27 Prozent der Frauen und 20 Prozent der Männer mit maximal Hauptschulabschluss nicht in einer regulären Ausbildung.

Den direkten Übergang in Ausbildung ermöglichen
Jeder/Jedem fünften Jugendlichen gelingt laut der Untersuchung der Übergang in eine Ausbildung oder ein Studium erst mit einem oder zwei Jahren Verzögerung, aufgrund von Schwierigkeiten, im ersten Anlauf das richtige Studium oder die passende Ausbildung zu finden. „Wir brauchen eine stärkere Berufsorientierung an allen Schulformen, um Verzögerungen in der Berufswahlentscheidung und späteren Abbrüchen vorzubeugen“, fordert Claudia Burkard daher.

Maßnahmen an der Schnittstelle zwischen Schule und Ausbildung oder Studium helfen nämlich längst nicht allen Jugendlichen. Dies erkennt man insbesondere beim Blick auf junge Menschen, die mindestens eine Maßnahme im sogenannten Übergangssektor zur vermeintlichen Berufsvorbereitung absolviert haben: tatsächlich schaffen innerhalb von vier Jahren nur zwei Drittel den nächsten Schritt in eine Ausbildung. Der verzögerte Übergang erhöht oftmals die Gefahr des Scheiterns. „Nicht zuletzt angesichts des herrschenden Fachkräftemangels müssen wir alles daransetzen, Jugendlichen den direkten Einstieg in Ausbildung oder Studium, also den sicheren Übergang zu ermöglichen“. Dies könne eine staatliche Ausbildungsgarantie leisten, so Burkard weiter. „Sie schafft die rechtliche Grundlage dafür, dass jede:r ausbildungswillige Jugendliche ein Ausbildungsangebot bekommt.“