Photovoltaikmodule auf Lärmschutzbauten

Klimaschutz mit Lärmschutz

Sonnabend
22.10.2022, 17:03 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Die Energiewende nimmt weiter Fahrt auf. Dabei ist auch der Ausbau von Photovoltaik auf Flächen im öffentlichen Raum gefragt. Das Potenzial für Lärmschutzbauten zeigt eine aktuelle Analyse...

...die der Deutsche Wetterdienst (DWD) in Zusammenarbeit mit dem Eisenbahn-Bundesamt (EBA) und der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) im Rahmen des Expertennetzwerks des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) durchgeführt hat. Das Ergebnis fasst Bundesminister Dr. Volker Wissing zusammen: „Wenn wir geeignete Lärmschutzwände und -wälle entlang der deutschen Autobahnen und Bahngleise mit Photovoltaik-Modulen ausstatten, könnten wir pro Jahr bis zu 1 Millionen Tonnen CO2 einsparen. Damit könnten wir einen substanziellen Beitrag zu den nationalen Klimaschutzzielen leisten.“

Strom für 450 000 Haushalte
Die Lärmschutzeinrichtungen entlang von Bahnstrecken, Autobahnen und Bundesstraßen sind zusammen rund 5 800 Kilometer lang. Mehr als 1 800 Kilometer Lärmschutzbauwerke finden sich entlang von Eisenbahnlinien und knapp 4 000 Kilometer stehen an Autobahnen und Bundesstraßen.

Welche Stromausbeute Photovoltaik-Module grundsätzlich liefern könnten, die dort nachträglich montiert werden, hat der DWD auf Basis von Satellitendaten berechnet. „Wir haben die Sonneneinstrahlung sowie die Ausrichtung und den Neigungswinkel der Lärmschutzeinrichtungen berücksichtigt. Insgesamt könnten rund 1 500 Gigawattstunden (GWh) Strom jährlich erzeugt werden“, so Dr. Frank Kaspar, Koordinator des Themenfelds „Erneuerbare Energien“ im Expertennetzwerk und Leiter der Abteilung Hydrometeorologie des DWD, zu den Ergebnissen. Zum Vergleich: Mit diesem Energieertrag könnten in Deutschland etwa 450 000 Haushalte ihren jährlichen Stromverbrauch decken.

Lärmschutzwälle entlang der Autobahn bergen das größte Potenzial
Entlang der Bundesfernstraßen gibt es verschiedene Arten von Lärmschutzträgern. Etwa 80 Kilometer machen die Steilwälle aus, das sind Metallgestelle, die mit Steinen gefüllt sind. Die Lärmschutzwände kommen auf ca. 2 500 Kilometer.

„Sowohl Steilwälle als auch Lärmschutzwände stehen vertikal zur Straße – aufgrund von Steinschlag, Verschattung, Statik und Lärmschutzeigenschaften haben die beteiligten Expertinnen und Experten die nutzbare Fläche für die Integration von PV-Anlagen hier mit etwa zehn Prozent abgeschätzt“, so Frank Kaspar weiter: „Das größte Potenzial sehen wir bei den sogenannten Lärmschutzwällen, die Neigungswinkel von typischerweise 30 Grad haben. Das ist optimal für die Sonneneinstrahlung und verbessert auch die statische Tragfähigkeit.“ Diese Wälle gibt es auf rund 1 300 Kilometern entlang der Autobahnen. Sie sind oft mit Gras bewachsen und erinnern an Deiche. Die Lärmschutzwälle haben rechnerisch ein jährliches Ertragspotenzial von rund 1 200 Gigawattstunden (GWh), wenn 50 Prozent ihrer Fläche mit PV-Anlagen bebaut werden. Erhöht man die Belegung mit Photovoltaikmodulen auf 60 Prozent, sind es rund 1 400 GWh; bei 70 Prozent sogar 1 695 GWh.

Wichtiger Beitrag zur Energiewende – Lärm- und Naturschutz mitdenken
Um die Potenziale zu heben, ist es nach Einschätzung der beteiligten Expertinnen und Experten von EBA und BASt wesentlich, dass die lärm- und betriebstechnischen Eigenschaften der Bauwerke erhalten bleiben. Begrünte Lärmschutzbauten sind oftmals auch naturschutzrechtlich relevant.

„Um diese Einschränkungen zu berücksichtigen, haben wir die Annahmen für die rechnerische Abschätzung des potenziellen jährlichen Energieertrags von PV-Anlagen an Lärmschutzbauten entlang der Verkehrswege bewusst sehr konservativ gewählt. Das Ergebnis ist trotzdem höchst erfreulich und zeigt, welchen großen Beitrag diese bislang ungenutzten Flächen zur Energiewende leisten können“, betont Kaspar und ergänzt in Bezug auf weitere Schallschutzwände, die in den nächsten Jahren entlang der Schienen installiert werden sollen: „Gerade bei neuen Anlagen sollte die Photovoltaik von Anfang an mitgedacht werden.“