NNZ-BETRACHTUNG:

Ein mutiger Landrat?

Sonnabend
08.10.2022, 15:40 Uhr
Autor:
psg
veröffentlicht unter:
Unser Landrat ist ein mutiger Mann. Seine Zunge hält er nicht hinter den Zähnen. Wenn es um heikle Themen geht, die andere lieber umgehen oder sich erst gar nicht dazu äußern, um nicht anzuecken oder in Ungnade zu fallen, hält er mit seiner Meinung nicht hinterm Berg. Jetzt gab er den Medien wieder eine Steilvorlage...


Angebracht sei zwar die Solidarität, die Deutschland übe, aber irgendwann werde sie uns um die Ohren fliegen, wen man jetzt nicht über ein Thema rede. Das Thema machte dieser Tage der Bundesvorsitzende der CDU, Friedrich Merz, auf: Sozialtourismus ukrainischer Flüchtlinge. Viele käme in das Land, würden Sozialleistungen in Anspruch, verschwänden alsbald wieder, um erneut aufzukreuzen.

Wer hätte gedacht, dass ein SPD-Landrat nicht abwegig findet, was da der CDU-Chef von sich gab. Der brachte eine heftige Debatte ins Rollen, die unvermindert anhält, die bei Grünen, Linken und Teilen der SPD Entrüstung auslöste. Die CDU wird Jendricke Beifall klatschen. Die AfD sowieso. Das ficht den Landrat nicht an. Was zu sagen sei, müsse über die Lippen.

Was der CDU-Chef gesagt habe, müsse hinterfragt werden, meint Landrat Jendricke. Er weiß, wovon er spricht. Flüchtlinge, die im Landkreis sein müssten, befänden sich hingegen in der Ukraine. Das habe seine Ausländerbehörde festgestellt, wenn man sie telefonisch erreicht. Vermieter unterstützen seine Aussage. Sie berichteten, zwar weiter Mietzahlungen zu erhalten, aber von den ukrainischen Bewohnern gebe es keine Spur.

Jendricke macht Forderungen auf: Mehr Befugnisse für die Landkreise. So sollte die Ausländerbehörde berechtigt sein, den Geflüchteten bei der Registrierung, wie bei anderen Flüchtlingen auch, die Pässe abzunehmen. Wollten sie in die Ukraine, wäre eine Antragstellung erforderlich. Sie erhielten ihren Pass. Mit der Rückkehr sei er wieder abzugeben. Kämen sie nicht wieder, entfielen die Sozialleistungen.

Mit seinen Forderungen steht der Kreischef nicht allein auf weiter Flur. Im Gegenteil. Sein Eichsfelder Kollege Werner Henning (CDU) beruft sich auf Aussagen seiner Behörde, wonach Ukrainer vielfach auf Reisen und zurück seien. Während man im Eichsfeld Friedrich Merz huldigt, seine Äußerung als befreiend empfindet, darf man gespannt sein, wie die Reaktionen hierzulande ausfallen.
Kurt Frank