JAGDFASANE AM BIRKUNGER OHNESTAU AUSGESETZT

Freigelassen am falschen Ort?

Sonnabend
03.09.2022, 16:50 Uhr
Autor:
psg
veröffentlicht unter:
Es ist schon einer Schlagzeile in einer Tageszeitung vom 24. August 2022 wert: Die Jagdgemeinschaft Birkungen hat sich das Ziel gesetzt, bis zum Herbst 25 bis 50 Jagdfasane (Phasianus colchicus) in den Gefilden des Birkunger Ohnestau auszusetzen...


Birkungen. Dieser farbenprächtige Jahresvogel dient nicht nur der jagdlichen Begierde, er ist auch für die Landschaft eine stimmungsvolle Bereicherung. Diese geförderte Aktion entbehrt jedoch jeglicher grundlegenden Voraussetzung, den engen und an Nahrung verarmter Landschaft um den Ohnestau anzubieten. Diese Vögel werden von einer Erfurter Fasanerie mit einem Geschlechtsverhältnis von 1 Männchen zu 5 Weibchen geliefert und haben mit einer 14tägigen Eingewöhnungszeit mit verändertem Lebensraum nur eine geringe Überlebenschance.

Allein der kostenaufwendige Kauf von Wildkräutersamen zur Zufütterung von der Raiffeisenbank sowie den Spenden der Naturfreunde vom Maifeuer sind ein vergebliches Bemühen. Viel bedeutender ist die Förderung sicherer Lebensräume für die bodenständigen Rebhühner mit einer planmäßigen Biotopgestaltung sowie den Schutz der Feldraine und Brachflächen. Zur Raubwildentnahme vom Fuchs, der eher als Mäusejäger nützlich ist, gilt der Waschbär als jagdflüchtiger Schädling. Dass der Ohnestau als Kultur- und Erholungsraum für Bürger besonders mit dem Naturschutz für die Fasane dabei unverträglich ist, scheint nicht bedacht zu sein. Stete Wanderer mit und ohne Hunde bedrängen zudem das Schutzbedürfnis der Vögel.

Die Genehmigung des Veterinäramtes sowie der Unteren Jagdbehörde haben statt Fachkenntnis eher allgemeinen Charakter. Der Ornithologen Verein Eichsfeld e. V. 1966 wurde hierbei nicht um Erfahrungswerte befragt. Mit gleichem Mut und Verlangen haben sich ebenso der Naturschutzbund Eichsfeld mit den Ornithologen dem Artenschutz des Steinkauzes (Athene noctua) gewidmet. Von 2012 bis 2016 wurden in 10 Auswilderungsorten mit 50 Nistkästen 27 Brutpaare mit nur geringem Bruterfolg freigelassen. Langjährige Beobachtungen mit wenigen Nachweisen in den Nistkästen erbrachten der Forstwirt und Falkner Peter Haseloff sowie Uwe Lagemann zur Betreuung der Auswilderungsvolieren bei.

Eine beispiellose Ansiedlung von Jagdfasanen um den Leineried Beuren erfolgte bereits 1978/79 zusammen mit der Kooperativen Pflanzenproduktion (KAP) Wingerode als Geldgeber mit der Jagdgesellschaft, die sich auch dem achtenswerten Erhalt von Naturräumen bemühte. Insgesamt wurden im ersten Jahr 400 Fasanenmännchen mit 100 weiblichen Vögel und weitere 400 Exemplare ausgesetzt. Trotz angebotener Futterstellen mit weit verbreiteter überdachter Druschabfälle sind alle Vögel auch wegen kühler Witterung im Eichsfeld abgewandert oder von Prädatoren erbeutet, was an den abgebissenen Federn zu erkennen war. Der geforderte Abschuss von Greifvögeln, Mäusebussarden, Rotmilanen und Habichte wurde zum Glück nicht stattgegeben. In den letzten 12 Jahren ist der bodenständige Fasanenbestand in Thüringen mit 1-3 % pro Jahr in seiner Verbreitung zurückgegangen.

Wer ein Fasanenparadies erleben möchte, kann bei Freiburg auf den weitläufigen Südhängen an der Unstrut wandern oder sich bei einer Busfahrt nach Venedig an den lauten Rufen der Hähne in den kleinen Feldern erfreuen.
Wilhelm Roth