nnz-Forumsbeitrag von Tim Schäfer

Die 27 Privilegien Neustadts in alter Zeit

Sonntag
24.07.2022, 13:14 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Neustadt feiert 2022 ein 650. Jubiläum. Wenn heute die 650 Jahre gefeiert werden, dann schwingt doch etwas Wehmut mit. Es ist die Frage der Privilegien und Gerechtsamen, die Neustadt, durch die Grafschaft Hohnstein, lange wurde das Flecken Neustadt unter dem Hohnstein benannt, dereinst inne hatte…


Im Staatsarchiv Hannover, Des. 19c XII. Varia Nr.1, auch beschrieben von Fiedler:
Ein Großbrand vernichtete am 10.September 1678 fast ganz Neustadt, inklusive dem Rathaus. Fast alle Aufzeichnungen und Akten wurden vernichtet, in denen die Vorrechte von Neustadt peinlichst aufgeführt waren. Diese Gerechtsamen wurden rekonstruiert, restutiiert und vom Grafen Christoph Ludwig zu Stolberg-Wernigerode und Hohnstein bestätigt. Neustadt sollte somit vom Ratskollegium (3 Bürgermeister) unter Stolberger Regierung verwaltet werden (1.) und hatte die Genehmigung, sich ein Frei-Rathaus (frei von Abgaben) wieder aufzubauen (2.).

Für ein verstorbenes Ratsmitglied hatte die Bürgerschaft zwei Bürger zu repräsentieren, der Graf bestimmte (3.). Bei einem Wechsel der Regierung (4.), der Rats-Aufführung, sollte Rechenschaft abgelegt werden, vor dem gräflichen Kommissar und der Bürgerschaft, die Stadt Neustadt hat das Privileg eines Amtsgerichts (5.). Dieses Untergericht konnte insbesondere auf Gefängnis bis zu acht Tagen urteilen oder den Fall an das gräfliche Amt abzugeben (6.). Eine Appellation (quasi Berufung-d.A.), geht an die gräfliche Regierung (7.), der Flecken hat ein eigenes Gefängnis (8.). Delinquenten (9.) waren ggf. „unter der Dachtraufe des Ratshauses unentgeltlich“ abzuliefern. Klagen gegen den Rat gehen an die gräfliche Regierung (10.). Für Kontrakte, Kaufbriefe, Konsense und Geburtsbriefe ist das Untergericht zuständig (11). Grundsätzlich war ein Lehngeld beim Verkauf von Häusern abzuführen (12.).

Der Rat von Neustadt war befugt, auf dem Markte einen Roland und „ die Justiz“ einen Schandpfahl zu errichten, desgleichen ein Kreuz an der Kirchenmauer, Delinquenten dürfen an den Schandpfahl oder das Kreuz (13.) angeschlagen werden. Unter dem Rathaus darf der Schankwirt (Ratskeller) Bier, Wein und Branntwein verschenken und Branntwein ohne Accise (indirekte Steuer-d.A.) brennen (14.), das Flecken hat das Marktrecht (15.) und ein abgabenfreies Bier- Brauhaus (16.) sowie ein Backhaus (17.). Darüber hinaus bestanden Gerechtsame in der Schäferei (18.), Holzung (19.), drei freien Teichen (20.) und drei freie, gemeine Pfingstrasen (21.) sowie Wiesen (22.).

Die Freiheiten waren entgeltlich (23.), Spann- und Fuhrarbeiten mussten erbracht werden (24.), alle Bürger (ohne Pferd) waren verpflichtet, Briefe über eine Meile zu tragen, gegen ein Maß Bier und ein Stück Brot (25.). Jeder Handdienstler war besonders verpflichtet, Kirchen und einen halben Scheffel Äpfel im herrschaftlichen Garten zu brechen, Hopfen zu pflücken, Heu zu machen, ferner auf dem herrschaftlichen Brauhofe zu Neustadt das Malz anzutragen und die Trebern auszutun; auf dem Schloße Hohnstein wöchentlich einmal zu kehren und zu scheuern, desgleichen in dem herrschaftlichen Amtshause, wenn die Herrschaft dahin kommt. Dafür erhält er den Trunk nach Notdurft (26.). Schließlich, (27.) waren alle Dörfer des Amts Hohnstein verpflichtet, ihr Bier nur von Hohnstein zu hohlen.

Wie wir sehen, waren diese Gerechtsame Lust oder Last zugleich in einer lange vergangenen Zeit, an die sich heute niemand mehr erinnern kann.
Tim Schäfer