Abgrissen

Eine große Portion Wehmut schwang da schon mit...

Donnerstag
21.07.2022, 13:00 Uhr
Autor:
psg
veröffentlicht unter:
"Eine große Portion Wehmut schwang da schon mit", sagte heute der Geschäftsführer der Peter-Gruppe, Helmut Peter, als er vor einem Berg Schutt stand. Doch Waresa-Chef Silvio Wagner beruhigte: "Es wird etwas Neues entstehen." nnz mit einer Bestandsaufnahme aus der Halleschen Straße...

Hier stand einst die Hülle des Nordhäuser "Ballsaals"... (Foto: nnz) Hier stand einst die Hülle des Nordhäuser "Ballsaals"... (Foto: nnz)
"Hier ist ein Teil meines Lebenswerkes verschwunden. Die Ausstellungshalle des Mercedes-Autohauses in Nordhausen hätte mindestens noch 50 Jahre Bestand gehabt. So richtig können wir das nicht verstehen", schiebt Helmut Peter Minuten später nach. Da hilft auch nicht, dass (außer Marmor und Beton) vieles wieder an anderer Stelle in Europa aufgebaut und genutzt werden kann.

Die Mannen der Firma BAC aus Bad Tennstedt haben die Ausstellungshalle, die neben ihrer eigentlichen Bestimmung 46 mal als Ballsaal fungierte, mit Bedacht demontiert. Alles sei reibungslos verlaufen, auch weil Bernhard Probst, der verantwortliche Polier, sehr viel Erfahrung im Job mitbringt.

Es war vor sieben Jahren, da rief Daimler den neuen "Markenauftritt Retail 2020" (MAR 2020) aus. Die Peter-Gruppe musste sich dem Konzern-Willen schließlich "beugen". Alles Hinausschieben half nichts mehr, denn Ende Februar nächsten Jahres muss auch in der Halleschen Straße in Nordhausen Schwarz die dominierende Farbe sein.

Wenn Andreas und Helmut Peter ein Projekt angehen, dann wird nicht gekleckert, sondern vor allem energetisch verantwortungsvoll neu gebaut. Wohl wissend, dass man auch einer völlig neuen Vertriebspolitik damit Rechnung tragen muss. Eigentlich sieht sich Helmut Peter durch die Neugestaltung in seiner Auffassung bestätigt, dass nicht alles nur über das Netz verkauft wird. Das gilt für den ländlich strukturierten Raum stärker als in der Großstadt.

Kurze Zeit für einen Fototermin. Von links: Silvio Wagner, Bernhard Probst und Helmut Peter. (Foto: nnz) Kurze Zeit für einen Fototermin. Von links: Silvio Wagner, Bernhard Probst und Helmut Peter. (Foto: nnz)
Die Grundfläche des neuen Show-Rooms bleibt weitestgehend die "Alte", nur etwas höher muss gebaut werden. Das alles verschlingt noch einmal rund drei Millionen Euro, aber - und das stimmt den Senior-Chef hoffnungsvoll - es könnte auch wieder Bälle in der Halleschen Straße geben. Hat ihm sein Sohn Andreas versprochen.

Wenn man mit Helmut Peter ins automobile Gespräch kommt, dann wird unbedingt über die Elektromobilität geredet. Auch im Sommer 2022 bleibt der Mann bei seiner Skepsis gegenüber der Herausstellung der batteriegetriebener Fahrzeuge. Zu viele ungeklärte Steinchen im politisch gewollten, aber praktisch nicht umsetzbaren Mosaik gebe es. Und bei der Vorstellung, dass sich Großkonzerne wie Daimler oder Stellantis schon in fünf oder sechs Jahren von der Verbrennertechnologie verabschieden wollen, sieht sein sonst grundoptimistisches Gesicht aus, als habe er in eine Zitrone beißen und verkünden müssen, sie schmecke zuckersüß.

"Ja", sagt er abschließend, "das ist alles noch Zukunftsmusik und Technik entwickelt sich beständig weiter. Aber trotzdem mache ich mir Sorgen." Die verspürt er angesichts der politischen Großwetterlage und deren Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Deutschland auch unter den rund 800 Beschäftigten der Peter-Gruppe. Die Sorgen kann er seinem Team nicht nehmen, aber er kann als Unternehmer abfedern. Vorgezogenes Weihnachtsgeld, vorgezogene Jahresendprämie und eine Lohnerhöhung von sechs Prozent noch in diesem Jahr sind der Dank für gute Arbeit und Motivation zugleich. Sie sind zudem Signalwirkung nach außen, denn Fachkräfte sucht das Unternehmen eben auch. Nicht nur in der Halleschen Straße.
Peter-Stefan Greiner