Im Liebhabertheater Sondershausen gastierte Cora Chilcott

Nachthelle Traumgesichte am Nachmittag

Dienstag
07.06.2022, 18:40 Uhr
Autor:
osch
veröffentlicht unter:
Er vermochte mit Worten zu malen wie kein anderer Bühnendichter der Weltgeschichte, seine Stücke haben Generationen weltweit zum Lachen und Weinen gebracht, seine Sonette sind pure Sprachmagie und seine Gedanken voller Weisheit und scharfer Beobachtungsgabe. Dem Genie William Shakespeare widmete die Schauspielerin Cora Chilcott ihr Programm namens „Nachtheller Tag, du bist mein Traumgesicht!" …

Cora Chilcott im Sondershäuser Liebhabertheater (Foto: Michael Joch) Cora Chilcott im Sondershäuser Liebhabertheater (Foto: Michael Joch)

Am Pfingstmontag versammelte sich am Nachmittag im Liebhabertheater des Sondershäuser Schlosses ein erwartungsfrohes Publikum, um eine reichliche Stunde die Sprachgewalt und Poesie des englischen Barden auf sich einwirken zu lassen. Dargeboten wurden Auszüge aus den bekanntesten Dramen sowie Sonette Shakespeares, ergänzt mit Renaissanceliedern von John Dowland. Von Romeo und Julia über Othello und Macbeth hin zu Richard III. und Hamlet interpretierte die unglaublich wandlungsfähige Schauspielerin eine Art „Best of“ der berühmten Monologe. Mit wenigen Strichen des Schminkpinsels angedeutet schlüpfte sie in die unterschiedlichsten Rollen und sorgte für atemlose Spannung im Zuschauerraum. Virtuos ihre Aufführung des Dialogs zwischen den Liebenden aus Verona, wobei sie sich stellenweise selbst unterbrach; immer schon in der Rolle der anderen Figur.

Als krankhaft ehrgeizige Lady Macbeth, als im Ehrgeiz gekränkter Othello oder mit ihrer gefühlvoll philosophischen Interpretation des Hamlet-Monologs über die Sinnhaftigkeit des Lebens berührte sie die Besucher ihrer Vorstellung.

Eine andere Saite des Lebens und vor allem der Kunst einmal anzuschlagen und uns rastlos Umherhetzenden einen Blick in den nachthellen Tag eines großen Dichters zu gewähren, ist der zierlichen Frau mit der faszinierenden Ausstrahlung eindrucksvoll gelungen. Gut, dass es noch solche Barden wie die Chilcott gibt, die uns so verzaubern können.
Olaf Schulze