Prozess zur Kirchenschändung im Oktober begann am Amtsgericht

Heute stand er kurz vor Gericht

Mittwoch
01.06.2022, 14:45 Uhr
Autor:
osch
veröffentlicht unter:
Fast auf den Tag genau vor sieben Monaten entweihte ein junger Flüchtling die Frauenbergkirche in Nordhausen, räumte den Altarraum aus und beschädigte eine wertvolle Christusfigur. Die nnz online berichtete damals zuerst darüber. Heute nun stand der afghanische Staatsbürger für dieses Vergehen vor Gericht …

Den Blick fest gen Mekka gerichtet betet der Angeklagte hier auf dem Petersberg (Foto: privat) Den Blick fest gen Mekka gerichtet betet der Angeklagte hier auf dem Petersberg (Foto: privat)

Gemeinschädliche Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor. Der 26-Jährige, der in der ersten Flüchtlingswelle 2015 nach Nordhausen kam, gestand die Tat und gab als Motiv religiöse Gründe an. Dem Pfarrer der Frauenbergkirche, Klemens Müller, gegenüber erläuterte er schon im Oktober seine Beweggründe, die hauptsächlich auf der irrigen Annahme der Christen fußten, dass Jesus von Nazareth der Sohn Gottes gewesen sei. Der streng gläubige Muslim hielt deshalb die Zurschaustellung von Symbolen der christlichen Religion für Blasphemie und eine Beleidigung seines Gottes und dessen einzigen Propheten Mohammed.

Weil die Nordhäuser Frauenberggemeinde da anderer Ansicht ist und sich ihren jahrhundertelang praktizierten Glauben nicht von einem einzelnen Eiferer wegräumen lassen wollte, zeigte sie den Mann an.

Der heutige Prozess war jedoch nur von kurzer Dauer, weil die zuständige Amtsrichterin das Verfahren vorläufig aussetzte. Sie wolle erst weitere Zeugen befragen und Akten einsehen. Eventuell müsse auch die Schuldfähigkeit des angeklagten Afghanen geprüft werden, begründete sie die Kürze der Verhandlung. So jedenfalls berichtet es der Mitteldeutsche Rundfunk aus dem Gerichtsgebäude. Der Anwalt des Angeklagten argumentiere dort, dass sein Mandant die Taten zwar eingestehe, seine Motivation aber unklar sei. Der junge Mann habe nicht mit Vorsatz, sondern aus seinem Glauben heraus gehandelt.

Die Amtsrichterin in Nordhausen wird nun, wenn sie weitere Zeugen befragt und Akten angesehen hat, beim nächsten Termin entscheiden müssen, ob der Täter schuldfähig ist oder ob eine Kirchenschändung vielleicht gar kein vorsätzliches Verbrechen ist, wenn sie aus religiösen Gründen erfolgt.

Warum die Schuldfähigkeit des offensichtlich verwirrten Mannes, der sich in den letzten Monaten immer wieder recht lautstark zur religiösen Einrichtung am Frauenberg äußerte, erst nach der ersten Verhandlung untersucht werden soll oder warum die Amtsrichterin weitere Zeugen befragen will, gehört wohl zu den Geheimnissen der Rechtssprechung, die wir als Normalsterbliche nicht verstehen können. Denn wie heißt es so schön: „Auf hoher See und vor Gericht …“

Die Christusfigur wird übrigens derzeit restauriert und soll im Sommer wieder in die evangelische Frauenberg-Gemeinde zurückkehren. Ob es dann neue innenarchitektonische Überlegungen des Angeklagten gibt, bleibt abzuwarten. Auf freiem Fuß dürfte er allerdings noch sein bei dem Tempo, das vom Gericht bei der Aufklärung des recht klaren Sachverhalts an den Tag gelegt wird.
Olaf Schulze