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Die Vermeidung einer Demütigung

Sonnabend
30.04.2022, 10:08 Uhr
Autor:
psg
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Der ehemalige Präsident der Vereinigten Staaten, John. F. Kennedy, sagte im Jahre 1962: "Vor allem müssen Atommächte, bei steter Verteidigung der eigenen Lebensinteressen, solche Konfrontationen vermeiden, die einem Gegner nur die Wahl eines demütigenden Rückzugs oder eines Atomkriegs lassen." Die Kubakrise im Oktober 1962 war bekanntlich der gefährliche Höhepunkt des Kalten Krieges...


Unter dem Motto „Wandel durch Annäherung“ begann Ende der 60er Jahre die sozialliberale Koalition unter Regierungschef Willy Brandts, gegen den Widerstand der USA, die neue Ostpolitik und leitete damit eine Zäsur im Kalten Krieg ein. Diese Entspannungspolitik führte zu einem langfristigen und stabilen Frieden in Europa und war Beginn des Falls des Eisernen Vorgangs. Ohne diese Politik würden wahrscheinlich noch heute sowjetische oder russische Truppen in Deutschland und Osteuropa stehen.

Ziel der Vereinigten Staaten war, nach dem Fall der Mauer, die Unterbindung einer engen Zusammenarbeit des wiedervereinigten Deutschlands mit Russland. In den 90er Jahren begann die Politik der Konfrontation und es kam entgegen der Zusagen zu einer NATO-Osterweiterung. Ehemalige Staaten des Warschauer Vertrags taten dem Bündnis bei, wobei einige eine direkte Grenze zu Russland hatten. Dies wurde von Russland zunehmend angeprangert.

Geopolitisch ist die Ukraine natürlich für Russland, aber auch für Amerika wichtig. Neben einigen Bodenschätzen, sichert sie Russland den ungehinderten Zugang zur Krim und zum Schwarzen Meer. Sewastopol ist der Hauptstützpunkt der russischen Schwarzmeerflotte. Mögliches Minimalziel Russlands könnte der Donbass mit einem Streifen des Territoriums oberhalb des Asowschen Meeres als Zugang zur Krim sein.

In Anlehnung an das Zitat Kennedys, sollten meines Erachtens unsere Politiker und Medien nicht weiter der aktuellen Strategie der Vereinigten Staaten folgen. Amerika ist weit weg und der aktuelle Krieg ist in Europa. Auch waren die Kriege, die Amerika geführt hatte, oft sehr langwierig und nicht immer vom Erfolg geprägt.

Auch wenn die meisten Minister unserer Regierung wenig außenpolitische Erfahrung haben, sollte diese aber zumindest versuchen, nicht eskalierend zu handeln. So ist zum Beispiel eine Rede, in der die deutsche Außenministerin droht Russland zu ruinieren, einer obersten Diplomatin unwürdig und wirkt erst recht nicht deeskalierend.

Wahrscheinlich werden Waffenlieferungen den Krieg nur verlängern und die Zahl der Toten erhöhen. Putin steht mit dem Rücken zur Wand und wird möglicherweise keinen demütigen Rückzug antreten. Die zweite Option des oben genannten Zitats ist aber sicher für uns alle die mit Abstand schlechteste, wenn nicht gar tödlichste.

Auch wenn es sicher nicht dem Wunsch Washingtons entspräche, wäre vielleicht eine von der EU oder von europäischen Regierungschefs initiierte politische Lösung einer mit Sicherheitsgarantien ausgestattete neutrale Ukraine und einem Autonomiegebiet Donbass, eine friedenstiftende Lösung.
acto