Maximator Hydrogen will kräftig wachsen

Heiß auf Wasserstoff

Donnerstag
28.04.2022, 09:00 Uhr
Autor:
red
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Rund 100 Wasserstofftankstellen gibt es in Deutschland, Tendenz steigend. Ein beachtlichen Teil des Bedarfes soll in Zukunft von Nordhausen aus gedeckt werden, die Hochdruckspezialisten von Maximator haben dafür tief in die eigene Tasche gegriffen und glauben an die Zukunft für den „grünen Treibstoff“…

Wollen die Wasserstoffwende mit "Maximator Hydrogen" praktisch vorantreiben: Mortimer Glinz, Geschäftsführer der Schmidt Kranz Group und André Schmidt, Geschäftsführer Toyota Deutschland (Foto: agl) Wollen die Wasserstoffwende mit "Maximator Hydrogen" praktisch vorantreiben: Mortimer Glinz, Geschäftsführer der Schmidt Kranz Group und André Schmidt, Geschäftsführer Toyota Deutschland (Foto: agl)

Anhalten, Tankstutzen rein, kurz warten, an der Tanksäule per Karte bezahlen und weiter geht es - fahren mit Wasserstoff soll sich kaum von den Gewohnheiten rund um Diesel und Benzin unterscheiden. Die Technik hat in den letzten Jahren große Sprünge gemacht und ist Alltagstauglich. Davon zumindest sind Teile der Industrie überzeugt, darunter große Namen wie der Autobauer Toyota, Hersteller von schwerem Equipment, Spediteure und sogar Bergbauunternehmen. Ganz vorne mit dabei ist auch die Firma Maximator, die sich mit ihrem Standort in Nordhausen als Hochdruckspezialist an die Weltspitze gekämpft hat.

Bisher war das vor allem ein Nischendasein, sagt René Himmelstein, man hat sich vor allem in der Dieseleinspritzung einen Namen gemacht. Seitdem Wasserstoff als Energieträger ernsthaft im Gespräch ist und die Attraktivität von Diesel zunehmend sinkt, ist aus der Spezialisierung ein Alleinstellungsmerkmal geworden. Deswegen hat man vor kurzem die Tochterfirma „Maximator Hydrogen“ gegründet, rund 20 Millionen Euro aus eigener Tasche in neue Technik und Produktionsanlagen investiert und will bis 2025 jährlich bis zu 400 Wasserstoff-Tankstellen in Nordhausen fertigen. „Als wir vor vier Jahren angefangen haben war der Markt quasi nicht existent, jetzt liefern wir bereits in die Schweiz, nach Belgien, Schweden und die USA.“, berichtet Himmelstein, der Bedarf steige rasant.

René Himmelstein (zweiter von links) befasst sich seit 1999 mit Wasserstoff-Mobilität und sieht die Zeit der Technik gekommen (Foto: agl) René Himmelstein (zweiter von links) befasst sich seit 1999 mit Wasserstoff-Mobilität und sieht die Zeit der Technik gekommen (Foto: agl)

Man ist früh auf den Zug aufgesprungen und kann das eigene Know-How und die eigene Wertschöpfungskette nutzen um technologisch ganz vorne mitzuspielen. Mehrere „Dispenser“, also Ausgabestationen, hat man bei „Maximator Hydrogen“ im Programm, die nicht größer als ein handelsüblicher Baucontainer sind und flexibel aufgebaut und eingesetzt werden können. Im Herzen der Anlagen befindet sich ein Verdichter, der den aus Elektrolyse entstandenen Wasserstoff je nach Bedarf von 30 bar auf bis zu 900 bar komprimieren kann um damit Pkw, Lkw, Busse oder auch schwere Maschinen wie Bagger zu betanken. Zudem sollen automatisierte Systeme den Wartungsbedarf drastisch reduzieren. Im Moment arbeite man noch mit „Version 1.0“, erzählt Himmelstein, die neue Generation der Maximator-Tankstellen stehe aber schon in den Startlöchern und könne die Effektivität der Anlagen um den Faktor vier erhöhen.

Die Technik hat freilich auch Nachteile, gegenüber der Direkteinspeisung per Batterie liegt der Wirkungsgrad durch die energieintensive Elektrolyse im Detail niedriger. Diesen Nachteil aber könne man ausgleichen, wenn man das gesamte Umfeld der Anwendungsbereiche betrachte. Da ist der bereits erwähnte, vertraute Tankvorgang, die Skalierbarkeit der Systeme, ein geringerer Ressourcenverbrauch gegenüber dem reinen Akkubetrieb und die höhere Reichweite. „Die Frage ist am Ende nicht „Elektro oder Wasserstoff“, keine der beiden Techniken kann alle Bedarfe abdecken“, gibt Mortimer Glinz, Geschäftsführer der Schmidt Kranz Gruppe, zu bedenken, die bei Maximator mit im Boot sitzt. Glinz fährt selber mit Wasserstoff und schafft die Strecke von seinem Wohnort im Ruhrgebiet bis zum Arbeitsplatz im Südharz mit einer Tankfüllung, sagt er. Und die ist aktuell nur halb so teuer, wie ein voller Dieseltank. Wasserstoff haben seine Schwächen im Detail, die Systeme hinter der Wasserstoffmobilität würden aber gut übergreifend funktionieren. Und es mache mehr Spaß, wenn man mit gutem Gewissen mal etwas schneller fahren kann, scherzt Glinz am Rande.

Am neuen Produktionsstandort in Nordhausen sollen in der Spitze bis zu 400 Wasserstoff-Tankstellen pro Jahr gebaut werden (Foto: agl) Am neuen Produktionsstandort in Nordhausen sollen in der Spitze bis zu 400 Wasserstoff-Tankstellen pro Jahr gebaut werden (Foto: agl)


Von A nach B kommt der Unternehmer mit einem „Toyota Mirai“, einem reinen Wasserstoff-Pkw. Die Japaner arbeiten eng mit der Maximator Hydrogen zusammen und haben dem Unternehmen heute eine Flotte von zehn „Mirai“ zur Verfügung gestellt. Rund 600 Kilometer schafft das Auto bei ausgeglichener Fahrweise, kommt auf 180 km/h in der Spitze und kostet mit rund 60.000 Euro in etwas soviel wie ein Modell 3 von Tesla.

Der Flaschenhals ist, und da liegt auch in Deutschland der Wachstumsmarkt für das Nordhäuser Werk, beim Tankstellennetz. In Thüringen sei die Situation „ganz stark“, meint Glinz, nämlich „ganz stark ausbaubar“. Die nächsten Tankstellen finden sich in Kassel, Halle, Leipzig und seit neuestem auch in Erfurt, vor Ort haben Wasserstoff-Fahrzeuge bisher keine Möglichkeit zu tanken. Doch auch das soll sich bald ändern, einer entsprechende Fläche hinter dem neuen Werk hat man frei gehalten, um hier Nordhausens erste Maximator-Tankstelle einzurichten.
Angelo Glashagel