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Ich bin ein umweltbewusster Bürger

Montag
25.04.2022, 07:00 Uhr
Autor:
psg
veröffentlicht unter:
Ich bin ein zorniger Bürger. Sagt Peter Wohlfahrt von sich. Dies hat seinen Ursprung in folgender Begebenheit in der vergangenen Woche...


Meine Nachbarin fragte mich, ob ich ihr mit Auto und Anhänger etwas Abfall zur Entsorgung fahren kann. Die Frau bezieht eine kleine EU – Rente. Als hilfsbereiter Mensch erzogen, sagte ich natürlich zu.

Meine Eltern sagten immer, „Hilf, wenn du gebeten wirst, dann wird dir geholfen, wenn du es brauchst.“ Von Krimderode aus fuhren wir mit ein paar Platten Wellbitumen frohen Mutes in die Robert–Blum–Straße. Dort erfuhren wir, dass Bitumenabfälle ausschließlich in der Deponie Netzelsrode angenommen werden. Also weiter nach Netzelsrode.

Dort stand ich mit dem Gespann auf der Waage, die Dame im Waagehäuschen verwies mich an Container Nummer 4, wir luden selbst ab. Leer fuhr ich wieder auf die Waage, wir hatten 30kg Wellbitumen entsorgt.

Eine andere Dame (nach 10 Minuten, warum?) eröffnete uns, dass wir 50 Euro bezahlen müssen. Da wir eine Mindermenge anlieferten, sei das der Mindestpreis. Auf meine Entgegnung, dass das Betrug sei, sagte sie: „Das steht im Internet, da kann man sich vorher schlau machen.“

Habe ich gemacht. Bitumenwellplatten fallen unter die Rubrik der teerhaltigen Abfälle. Am Tag des Transportes stand im Entsorgungsfinder der Abfallwirtschaft Landkreis Nordhausen: „Gebühren laut GSAWZ 500 Euro je Tonne“. Das heißt, für 30 kg 15 Euro.

Jetzt, ganz neu, ist zusätzlich zu lesen: „Bei Anlieferungen unter 200 kg wird eine Pauschale i.H.v. 10% der in der GSAWZ festgesetzten Benutzungsgebühr der betreffenden Abfallart erhoben.“

Dieser Zusatz ist sehr wahrscheinlich auf ein am Freitag früh geführtes Telefongespräch mit dem dafür verantwortlichen Mitarbeiter des Landratsamtes hinzugefügt worden. Ok, das wären 1,50 Euro. In einem Gespräch mit dem im Landratsamt verantwortlichen Mitarbeiter hieß es: „Wir müssen kostendeckend arbeiten, daher müssen die Kollegen ständig an der Waage präsent sein.“

Völliger Unsinn. Alle paar Minuten kommt ein LKW, die Lieferer von Kleinmengen spielen da keine Rolle, die Kollegen an der Waage müssen ständig da sein. Nach 10 Minuten klingelte mein Telefon, diesmal eine neue Erklärung für diese Abzocke: „Das hängt mit dem Mess- und Eichungsgesetz zusammen. Das verlangt den Mindermengenzuschlag.“ Aha.

Meiner Meinung nach wird hier wieder mal der kleine Bürger kräftig abgezockt. Während große Firmen das Kilo für 50 Cent (500 Euro pro Tonne) abgeben können, waren es in diesem Fall für die beklagenswerte Frau 1,67 € pro Kilo. Und da wundert man sich, wenn so viel Müll überall illegal entsorgt wird?

Wer umweltbewusst ist, wird auch noch bestraft. Der eine oder andere Bürger entsorgt es dann doch lieber im Straßengraben oder im Dunkeln in der Pennertonne. Wer fährt denn noch wegen zwei Platten zur Deponie, wenn das 50 Euro kostet? Das kann doch nicht das Ziel sein, oder?

Bei den Telefongesprächen fühlte ich mich von oben herab behandelt, ich musste dem jungen Mann erst mal mitteilen, dass ER FÜR MICH da ist und nicht ICH FÜR IHN. Es bleibt nur zu wünschen, dass endlich mal aufrichtige Leute zu Entscheidungsträgern werden, vor allem die Politikerkaste mit eingeschlossen.
Peter Wohlfahrt