Wie nun weiter?

E-Bus-Hersteller sileo meldete Insolvenz an

Freitag
01.04.2022, 17:30 Uhr
Autor:
psg
veröffentlicht unter:
Die Wende, eine Revolution, ein neues Zeitalter bricht an - die Aussagen kommunaler Politiker und Wirtschaftslenker überschlugen sich im vergangenen Jahr im Tages- und Wochentakt. Was war geschehen? Ganz einfach: es ging um sechs Busse...

Ach, das waren noch Zeiten, als man in Niedersachswerfen gemeinsam mit der zuständigen Ministerin die E-Busse feierte (Foto: nnz) Ach, das waren noch Zeiten, als man in Niedersachswerfen gemeinsam mit der zuständigen Ministerin die E-Busse feierte (Foto: nnz)
Weil der Nordhäuser Stadtrat keinen Bock auf die Anschaffung von drei E-Bussen hatte, übernahm die mit zahlreichen Energiewende-Experten ausgestattete Kreisverwaltung den Erwerb. Wenn schon, dann eben ein halbes Dutzend, sagte Landrat Matthias Jendricke, der immer offen für Investitionen ist, wenn diese auskömmlich mit Fördermitteln begleitet werden. Nur zur Erinnerung an die lokalen Politiker, auch die Landesfördermittel sind unser aller Steuergelder und kein Segen von oben.

Nun aber sind sie ausgegeben, die Millionen Euro und zur Sileo GmbH geflossen. Und dort? Dort hat das türkisch-deutsche Unternehmen erst einmal Insolvenz angemeldet. So einfach scheint das. Bereits Anfang März war die vorläufige Verwaltung über das Vermögen des Unternehmens mit Sitz in Wolfenbüttel durch das zuständige Amtsgericht angeordnet worden.

Der vorläufige Insolvenzverwalter Peter Steuerwald sagte der nnz auf Anfrage, das es sich bei der Sileo GmbH um ein reines Vertriebsunternehmen handele, von Produktion keine Spur. Die E-Busse, so Steuerwald, kommen aus der Türkei. Während in Nordhausen, bei den hiesigen Verkehrsbetrieben noch davon ausgegangen wird, dass ein großer Teil der Wertschöpfung eines solchen Fahrzeuges in Deutschland erfolgt, berichtete der vorläufige Insolvenzverwalter das Gegenteil.

Und selbst die vertriebliche Tätigkeit soll bereits "vor Antragstellung nur eingeschränkt betrieben worden" sein. "Richtig ist aber, dass die Antragstellerin – auftragsbezogen – Reparaturarbeiten bei von ihr vertriebenen Elektrobussen vorgenommen hat. Diese Tätigkeit wird auch aktuell noch durchgeführt", so Steuerwald.

Und welche Auswirkungen hat diese Situation nun für die größte E-Bus-Flotte eines kommunalen Unternehmens in ganz Thüringen? Von den sechs Bussen, für die man gut und gerne mindestens 15 Niederflurbusse mit bewährtem Dieselantrieb hätte anschaffen können, sollen lediglich drei fahrtauglich sein. Bei einem Fahrzeug ist ein Achsschaden aufgetreten, zwei dieser Zukunftsfahrzeuge wollen sich einfach nicht aufladen lassen, hört man. Offiziell bestätigt wird nur der Achsschaden.

In Nordhausen ist man derweil bemüht, den Schaden in Grenzen zu halten. Auf die Ausschreibung hatten laut Verkehrsunternehmen drei Bieter fristgemäß eingereicht. Bei zwei Offerten sollen Unterlagen gefehlt haben, deshalb mussten sie vergaberechtlich ausgeschlossen werden. Somit wurde der Auftrag an die sileo GmbH vergeben. Ob sich einer der Big Player des europäischen E-Bus-Marktes (Mercedes, Solaris, BYD/ADL) an der Ausschreibung beteiligte, konnte nicht recherchiert werden.

Der Schaden ist jetzt auf jeden Fall entstanden. Laut vorläufigem Insolvenzverwalter gibt die sileo GmbH keine Gewährleistung mehr. Sollte es dennoch den Wunsch nach Ersatzteilen aus Nordhausen geben, dann werden die nur noch gegen ein Entgelt geliefert. Ob davon auch weitere Serviceleistungen betroffen sind, steht noch in den Sternen.

Peter Steuerwald bemühe sich, den Geschäftsbetrieb im "Rahmen der sanierenden Übertragung" retten zu können. Denn immerhin soll mittlerweile in der Türkei ein neuer E-Bus-Typ projektiert und entwickelt werden, der vielleicht noch in diesem Jahr oder mit Beginn des nächsten Jahres wieder in Deutschland vertrieben werden kann. Wirklich gute Nachrichten sind das nicht.

Die Hoffnung im Landkreis Nordhausen wird bestimmt zuletzt sterben, denn immerhin könnte das grüne Umweltministerium oder irgendein anderes Ministerium in Erfurt wieder ein neues Programm der Förderung von E-Bussen auflegen. Dann kann wieder gekauft werden und die Flotte der Zukunftsbusse steigt im Landkreis Nordhausen weiter. Egal, ob sie stehen oder fahren. Vielleicht aber auch schauen sich Aufsichtsräte und Gesellschafter beim nächsten Deal alles viel genauer an, denn es ist unser aller Geld, das dabei ausgegeben wird.
Peter-Stefan Greiner