Wie weiter mit dem Wolf in Thüringen?

Es muss ein Konsens gefunden werden

Freitag
18.02.2022, 19:11 Uhr
Autor:
psg
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Der Wolf ist derzeit in aller Munde: bestätigter Wolfsriss in Rodishain, Wolfspaar bei Ilfeld, Videos von Wölfen in Stallanlagen in sozialen Netzwerken, Diskussion in den politischen Parteien. Doch eine Richtung scheint es da noch nicht zu geben...

Carolin Gerbothe, Niels Neu (Foto: C. Rheinländer) Carolin Gerbothe, Niels Neu (Foto: C. Rheinländer)
„Bevor wir über den künftigen Umgang mit dem Wolf diskutieren, sind aus meiner Sicht zuerst einmal grundsätzliche Fragen des Miteinanders von Umwelt, Mensch und Wildtieren zu klären – was wollen wir?“, fragt Niels Neu, stellvertretender Vorsitzender des Fachausschusses Ländlicher Raum, Landwirtschaft und Forsten der Thüringer CDU.

Hierfür sei es wichtig, alle Betroffenen: ob Landwirte, Naturschützer, Waldbesitzer oder Jäger und viele andere, zu hören und Fakten ehrlich auf den Tisch zu legen, damit ein für alle Seiten gerecht werdender Konsens gefunden werden kann. Zur Ehrlichkeit gehöre allerdings auch, dass alle Interessengruppen dabei Kompromisse eingehen müssen, so auch die Naturschutzverbände. „Bislang nehme ich bedauerlicherweise hauptsächlich wahr, dass besonders deren Interessenvertreter mit staatlicher Millionenunterstützung versuchen, dem Wolf eine Sonderstellung zu verschaffen, die es rechtfertigen soll, seinen Schutz über alle widerstreitenden Interessen zu stellen“ so Niels Neu.

„Der deutsche Steuerzahler hat nach vorsichtiger Schätzung im Jahr 2020 für Herdenschutzmaßnahmen, Rissentschädigungen, Forschungsprojekte, Monitoring oder Verwaltung etwa 13,5 Millionen Euro aufwenden müssen. Dagegen wird anderen Wildtieren die Existenz abgesprochen, indem mit der Waldstrategie 2050 Wald vor Wild propagiert und dem Weidetierhalter aufgegeben wird, seine Herden doch besser zu schützen“, sagt Carolin Gerbothe, Vorsitzende des Fachausschusses Ländlicher Raum, Landwirtschaft und Forsten der Thüringer CDU.

„Wen wundert es, dass sich angesichts solcher Aussagen die Gemüter erhitzen. Zudem wird die staatliche Förderung der Zucht bedrohter Haus- und Nutztierrassen, wie bspw. das zur Landschaftspflege auf Waldwiesen verwendete Harzer Rotes Höhenvieh sowie die staatliche Förderung der Schafhaltung zur ökologisch notwendigen Landschaftspflege ad absurdum geführt, wenn letztlich eine geschützte Art die andere auffrisst“, so Gerbothe weiter. Eine bedrohte Art sei nicht weniger wert als die andere.

Auch die Zucht bedrohter Haus- und Nutztierrassen sei Artenschutz und Erhalt unseres Kulturguts. Nicht zuletzt leben wir in einer sich leider immer mehr zersiedelnden Kulturlandschaft, in der den Wildtieren beständig Lebensräume beschnitten werden, was sich unter anderem an den zahlreichen Verkehrsunfällen mit Wildbeteiligung zeige, insbesondere auch bei den Wölfen, meint Neu. Hier sind in den vergangenen Jahren in Deutschland jedes Jahr über 100 Wölfe dem Verkehr zum Opfer gefallen. Auch unter diesem Gesichtspunkt müssen wir hinterfragen, wie viel Wölfe verträgt das dicht besiedelte Deutschland.

Artenreichtum stärkt das Ökosystem, nachhaltig und mit Akzeptanz funktioniert das aber eben nur, wenn nicht die einzelne Art ohne Rücksicht auf berechtigte Interessen anderer fokussiert wird und wir dem Wolf genügend artgerechten Lebensraum mit wildlebender Nahrung bieten können, damit die Etablierung des Wolfes nicht einseitig zu Lasten unserer Landwirtschaft geht. Wald muss dann mehr als nur Produktionsort für Holz sein.

Nach einer Forsa-Umfrage deckt sich dies mit den Wünschen der Gesellschaft, der mehrheitlich der Schutz der biologischen Vielfalt wichtiger als die forstwirtschaftliche Nutzung ist. Selbstredend muss sich für die Forstwirtschaft die Schaffung von Artenvielfalt lohnen und dementsprechend die Umsetzung ökologischer Kriterien entlohnt werden und die landwirtschaftlichen Nutztiertierhalter müssen über finanzielle Förderung die Möglichkeit erhalten, die Weidetierhaltung als tierwohlgerechte Form der Nutztierhaltung auch in Nachbarschaft mit dem Wolf weiter betreiben zu können. Wir werden über unseren Fachausschuss eine ehrliche Diskussion mit allen Interessengruppen im Thüringer Landtag anregen, so Gerbothe und Neu abschließend.