NNZ-BETRACHTUNG

Die Apokalypse blieb aus

Mittwoch
16.02.2022, 15:47 Uhr
Autor:
psg
veröffentlicht unter:
„Die Lage spitzt sich dramatisch zu!“, „Europa vor einem Flächenbrand?“, „Putin wird für den 16.Februar den Einmarschbefehl in die Ukraine geben!“, „Die Gefahr eines 3. Weltkrieges (Biden) ist nicht ausgeschlossen!“


Mit diesen und in der Aussage sich ähnelnden Schlagzeilen wurden wir Konsumenten in den letzten Tagen regelrecht überhäuft. Ob über den Bildschirm oder das gedruckte Blatt, es hatte den Anschein, als ob sich die jeweiligen Chefredakteure auf der Suche nach der kräftigsten Schlagzeile gegenseitig zu übertreffen versuchten.

Die Medien redeten oder schrieben den Krieg förmlich herbei. Die Apokalypse stehe unmittelbar bevor. Ukraines Botschafter Andrij Melnyk sprach von einem Krieg, der auch für Deutschland üble Auswirkungen hätte. Der Bösewicht war schnell ausgemacht: Wladimir Putin.

Doch zur Überraschung mancher Propheten und des amerikanischen Geheimdienstes, der ja einst auch unwiderlegbare Beweise für Atomwaffen in den Händen des bösen irakischen Machthabers sah, blieb die Apokalypse aus. Die Diplomatie siegte. Kanzler Scholz machte einen guten Job. Er bot Putin Paroli. Zudem passte das Wetter zum Dialog. Nach frostigen und trüben Tagen schien die Sonnet, als Scholz in Moskau landete. Es taute. Der Schnee schmolz.

Bei allen geschürten Ängsten blieb es hierzulande ruhig. Keine Bevorratungen, keine ängstlichen Masseneinkäufe an Lebensmitteln. Man ging weiter spazieren, ohne recht zu wissen, weshalb eigentlich noch. Alles ruhig und gelassen. Auch dann, als Länder, allen voran die USA, begannen, ihr Botschaftspersonal aus Kiew abzuziehen. Der Einmarsch und damit der Krieg standen doch unmittelbar bevor. Da musste man doch seine Leute rechtzeitig schützen. Auch Deutschland knickte ein.

Hingegen ruhig blieb der ukrainische Präsident Selenskyi. Er warnte vor Panikmache. Auch Österreich. Das Botschaftspersonal blieb vor Ort. Das Land und sein Botschafter hielten es gegenüber den Menschen dort in solch einer angespannten Situation für unklug, seine Diplomaten heimzuholen.

Die Apokalypse blieb aus. Wie weiter jetzt? Schon gibt es Stimmen, die Misstrauen säen. Es sei nur eine Truppenverschiebung. Ein Täuschungsmanöver. Putin könne man nicht über den Weg trauen. Sagt Joe Biden. Boris Johnson, der britische Partylöwe, springt ihm zur Seite. So können Politiker reden, die im Falle eines kriegerischen Konfliktes weitgehend außen vor blieben. Profitieren würden nur die US-Rüstungskonzerne und ihresgleichen.

Nachhaltige Sicherheit in Europa kann es nur mit und nicht gegen Russland geben, unterstrich der Bundeskanzler. Dem ist nichts hinzuzufügen. Drohkulissen, von wem auch immer, bringen keinen Frieden. Die Hoffnung auf eine diplomatische Lösung des Ukraine-Konflikts darf nicht sterben!
Kurt Frank