Lichtblick zum Wochenende

Gut Ding will Weile haben

Donnerstag
17.02.2022, 09:00 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Zeit ist relativ. Manchmal dehnt sich die Zeit und es scheint ewig zu dauern, bis man nach stundenlangem Warten endlich hineinrufen wird zum Arzt. Andere Momente sind viel zu schnell vorbei, wie das lang ersehnte Wiedersehen mit einer Freundin...

Manchmal entscheidet sich ein Leben auch schon in Bruchteilen von Sekunden. So erleben wir es gerade wieder bei den Olympischen Spielen. Viele Jahre trainieren die Sportlerinnen und Sportler für diesen großen Auftritt. Der ganze Alltag wird danach getaktet, was man isst, wie viel man trainiert. Und dann geht es darum, in dem einen Moment ganz präsent zu sein.
Manche Sportler haben in jungen Jahren schon große Erfolge, bei anderen braucht es viele Jahre Erfahrung.

So konnten wir uns bei diesen Olympischen Spielen mit Rodler Johannes Ludwig mitfreuen. Lange Jahre verlief seine Karriere etwas unglücklich. Oft war er bei großen Meisterschaften auf dem vierten Platz gelandet. Aber in diesem Februar war es nun soweit und der Thüringer Rodler errang die Goldmedaille auf der längsten Rodelbahn der Welt. Rückblickend hielt er fest: „Es ist ein Reifeprozess bei mir gewesen, bei manchen geht das vielleicht ein bisschen schneller, bei manchen dauert es ein bisschen länger. Aber ich glaube, die vielen, vielen Jahre, die ich dabeigeblieben bin, haben mich zu dem Athleten gemacht, der ich jetzt bin“.

Welch ermutigende Aussage: Es muss nicht alles sofort da sein. Wir dürfen reifen. Mit der Zeit, die es eben braucht. So ist es auch mit dem Glauben: Wir dürfen hineinwachsen, unsere Erfahrungen machen, Fragen stellen und mit anderen gemeinsam entdecken, was es heißt, als Geschöpf Gottes unseren Platz auf dieser Erde zu finden. Gewiss, beim Glauben geht es nicht um den Erfolg, auf den ein Athlet hin fiebert. Aber dennoch kann man sich von der Beharrlichkeit inspirieren lassen, die sich in vielen Sportlerleben zeigt: trotz Niederlagen nicht das Ziel aus den Augen zu verlieren, immer und immer wieder. Auch im Glauben gibt es Durststrecken, Zeiten des Zweifels. Aber dennoch gibt es da immerwährend die Einladung von Gott, uns auf einen Weg mit ihm einzulassen. Dabei können wir entdecken, was Gott für Gaben in uns angelegt hat – für Fähigkeiten, die darauf warten, ausprobiert zu werden und zu reifen.
Katharina Freudenberg, Pfarrerin