Gestern schlugen Gerüchte in Nordhausen hohe Wellen, das Südharz Klinikum müsse aufgrund der angespannten Situation um die Corona-Erkrankungen Operationen verschieben und sei an der Kapazitätsgrenze. Befeuert wurden diese Vermutungen wohl auch von Landrat Jendrickes Ankündigung, den Katastrophenfall für den Kreis auszurufen. Heute unterhielten wir uns mit dem Klinischen Direktor des Südharz Klinikums, Prof. Dr. Jens Büntzel, über das Thema…
Südharz Klinikum (Foto: vgf)
Der Professor bestätigte der nnz auf Nachfrage, dass die für Corona-Patienten vorgesehene intensivmedizinische Abteilung ITS 2 im Verlauf der Woche mehrfach vollbesetzt worden wäre, nachdem mehr als zwölf Patienten intensiv medizinisch beatmet werden mussten. Deshalb wurde ein Aufwachraum zur ITS-Station umgerüstet. Ziel dieser Maßnahme war es, die andere Intensivstation ITS 1 abzusichern, in der Patienten mit anderen Erkrankungen lägen. Die ITS 1 konnte die Patienten nicht gleich voll übernehmen, weshalb wir uns zu diesem Schritt gezwungen sahen, erzählt Prof. Büntzel. Zusätzlich müsse nun auch mehr Pflegepersonal für die steigende Patientenanzahl organisiert werden. Unter den Mitarbeitern gibt es derzeit einen relativ hohen Krankenstand, was der Ärztliche Direktor nicht nur auf Ausfälle durch Corona, sondern auch auf die allgemein krankheitsträchtige Jahreszeit zurückführt.
Auch in der Ärzteschaft sei ein dem Erkältungswetter angemessener Krankenstand zu registrieren. Dies ist allgemein keine gute Zeit für planbare Operationen, weshalb wir momentan ohnehin weniger OPs angesetzt hatten. Jetzt werden wir die nicht zwingend notwendigen ins nächste Jahr verschieben, begründet Dr. Büntzel. Dieses Konstrukt, was wir jetzt eingeführt haben kann uns helfen, ohne weitere Sondermaßnahmen ins neue Jahr zu kommen.
Auf keinen Fall wolle er noch einmal eine so schlimme Situation wie im letzten Winter erleben, als die Kollegen regelrecht verbrannt waren. Die Nachwirkungen der Überlastung waren noch weit in den Sommer und Herbst hinein zu spüren und sollen dieses Mal unbedingt vermieden werden. Die Weihnachtszeit ist auch der klassische Zeitpunkt, dass zwei Stationen mal zusammengelegt werden, sagte er.
Gleichwohl ist Dr. Büntzel besorgt über die steigende Patientenanzahl mit Covid-Erkrankungen im Südharz Klinikum. Seit Anfang November hat sich das Patientenaufkommen mehr als verdoppelt. Hatten wir damals höchstens fünf zu beatmende Fälle, so sind es aktuell immer 10 - 15. Weitere 30 bis 40 leichtere Coronafälle liegen auf Isolierstationen. 21 von 24 möglichen Intensivbetten waren heute Mittag insgesamt belegt.
Aus anderen Landkreisen seien auch Patienten eingeliefert worden, allerdings nicht sehr viele und die Klinikumsleitung dränge prinzipiell darauf, dass erst einmal der eigene Landkreis versorgt werden müsse und es erst dann zu vermehrten Einlieferungen aus anderen Gebieten kommen könne.
Das war im letzten Winter auch anders, als viele Patienten aus anderen Krankenhäusern aufgenommen wurden, weil man dort am Kapazitätslimit angelangt war. Wir wollen ganz klar erst einmal das eigene Revier abdecken, betont Jens Büntzel und befürchtet, dass aufgrund der steigenden Inzidenzzahlen in den nächsten vierzehn Tagen noch Patienten hinzukämen.
Erfahrungsgemäß schlagen sich höhere Werte immer erst zwei Wochen später in den Krankenhäusern nieder. Doch das falle schon in die traditionell belegungsärmere Zeit und sei deshalb zu bewältigen. Nach dem Jahreswechsel hofft auch der Nordhäuser Klinische Direktor auf eine Entspannung der Infektionslage und dass wieder Zeit wäre, um die jetzt verschobenen Operationen sukzessive nachzuholen.
Olaf Schulze