Hochschule startet Lerncoaching für Studenten

Soziale Arbeit auf dem Campus

Sonntag
21.11.2021, 15:29 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Ärger auf dem Schulhof, Mobbing in der Klasse, Prüfungsangst, Drogenprobleme, Magersucht, Zwist und Streit daheim - Schulsozialarbeiter haben sich mit vielen Problemen zu befassen. Da die nicht automatisch mit der Schule enden, will man jetzt auch an der Hochschule mit dem Konzept experimentieren…

v.l.: Hochschulpräsident Jörg Wagner, Sozialarbeiterin Nina Gabriel und Professorin Cordula Borbe (Foto: agl) v.l.: Hochschulpräsident Jörg Wagner, Sozialarbeiterin Nina Gabriel und Professorin Cordula Borbe (Foto: agl)


Zwischen Schulhof und Klassenzimmer kann es rau zugehen und so manches Problem, das vielleicht zu Hause seinen Ursprung hat, nimmt man mit in den Unterricht und den Schulalltag. Seit einigen Jahren kommen an vielen Schulen Fachkräfte zum Einsatz die bei „multiplen Problemlagen“ als Ansprechpartner und Vermittler für Schüler, Eltern und Lehrer fungieren: die Schulsozialarbeiter. Den Ansatz will man an der Nordhäuser Hochschule jetzt auch abseits der reinen Lehre verfolgen.

Seit Anfang des Monats ist Nina Gabriel als Hochschul-Sozialarbeiterin auf dem Campus tätig und soll Studentinnen und Studenten bei Problemen beratend unter die Arme greifen. „Die Zahl der psychologischen Beratungen hat in der Vergangenheit zugenommen und die Pandemie hat da noch das ihrige dazu getan. Wir wollen mit einem niedrigschwelligen Konzept dagegen halten und eine Möglichkeit bieten, frühzeitig Gespräche zu führen und prophylaktisch tätigt zu werden, bevor Probleme tatsächlich ins psychologische abgleiten“, erklärt Hochschulpräsident Prof. Dr. Jörg Wagner das Projekt.

Auf dem Tableau steht das ganze Spektrum menschlicher und studentischer Sorgen, von Überlastung und Mobbing bis zu Prüfungsangst und Suchtproblematiken, erklärt Gabriel. Mit den Anforderungen eines Studiums hätten nicht nur Erstsemester zu kämpfen, gerade in diesen Tagen. „Man kann das Lernen auch wieder verlernen“ sagt die Sozialarbeiterin. Das „Fernstudium“ der Corona-Zeit habe übliche Schwierigkeiten mit Zeitmanagement und Motivation noch verschärft.

Bei diesen und anderen Problemlagen soll Gabriel ab sofort als Ansprechpartnerin für „integriertes Lerncoaching“ dienen und ihr Ohr am Campus, in der Mensa und dem Karzer haben. Im „Haus am See“ auf dem Campus wurde ein Beratungsraum eingerichtet, Informationen zu Sprechstunden und Kontaktmöglichkeiten finden Studierende über den Service-Bereich der Hochschul-Homepage.

Für die Sozialarbeiterin ist es auch eine Rückkehr zu ihrer Alma mater an der sie 2016 ihren Masterabschluss in therapeutischer sozialer Arbeit unter den Fittichen von Prof. Dr. Cordula Borbe gemacht hat. „Wir haben sie das jetzt ein bisschen ins kalte Wasser geschmissen.“, sagt die Mentorin von einst, die nun maßgeblich an der Umsetzung des Projektes beteiligt war. Der Ansatz an sich ist nicht neu, wohl aber das Einsatzgebiet Hochschule. „Wir haben vor Ort das methodische Repertoire, um auf Menschen zugehen zu können und wollen das in der Breite nutzen“, sagt die Leiterin des Instituts für Sozialmedizin, Rehabilitationswissenschaften und Versorgungsforschung.

Für den Moment wird das aus Mitteln der Corona-Unterstützung finanzierte Projekt über drei Jahre laufen und sich allein an die Studentinnen und Studenten der Hochschule und des Studienkollegs richten. Danach könnten die Ergebnisse in die Lehre an der Hochschule mit einfließen. Langfristig sei aber auch ein Angebot für Lehrkräfte denkbar. Die Probleme, mit denen sich die angehenden Sozialarbeiter einmal befassen müssen, gingen über alle Altersgruppen hinweg, sagt Borbe, sich die Möglichkeit einer „Betriebssozialarbeit“ anzusehen sei deswegen ebenso sinnvoll wie die einer Kindergarten-Sozialarbeit. Gut möglich also, dass Schule und Hochschule erst der Anfang waren.
Angelo Glashagel