Zum gedenken an die Bombardierungen Nordhausens

Die Nordhäuser Kistenbetten und Särge im April 1945

Sonnabend
03.04.2021, 07:30 Uhr
Autor
red
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Heute jährt sich die Bombardierung Nordhausens kurz vor dem Kriegsende zum 76. Male. Tausende Menschen verloren damals ihr Leben und die ausgebombten Überlebenden musste sich unter schwersten Bedingungen behelfen. Eine Erinnerung von Tim Schäfer...

Die kleine Stadt Nordhausen ist ein besonders geschichtsträchtiger Ort. Auch diese Stadt ist exemplarisch eng verknüpft mit den Brüchen in der jüngeren deutschen Geschichte und Ihrer Eliten. In der Nähe von Nordhausen wurden vom NS-Regime in der Endphase des II. Weltkriegs im KZ Mittelbau -Komplex im Kohnstein die drei wichtigsten „Wunderwaffen“ (V1, V2, FLA-Raketen oder auch der „Volksjäger HE-162“) der Göbbels- Propaganda montiert, für die auch Treibstoffe in der bombensicheren Fertigung, hergestellt werden sollten. Die Stadt Nordhausen selbst war nicht sicher vor den Bomben der Flugzeuge. Den Crews der Briten hatte man gesagt, dieser Angriff richtete sich gegen V2, die Rakete A4, die auch auf London abgeschossen worden war (Vgl. Dokumentation A. Meißner, 2015 „Nordhausen- Hitlers Raketenbunker“).

Die Bombardierung Anfang April 1945 zeigte auch die grauenvollen Auswirkungen eines Krieges. Nur einige Tage vorher war das Grauen nationalsozialistischer Vernichtungspolitik im Komplex der SS – KZ Mittelbau-Dora aufgegeben worden. Die Häftlinge des KZ wurden insbesondere auf den sogenannten Todesmärschen noch immer gequält und ermordet. Tausende Menschen in Nordhausen, inklusive der Häftlinge in den SS- oder GESTAPO-Sonderlagern in Nordhausen, wie im Bereich der Boelcke- Kaserne, verloren Ihr Leben. Viele Familien waren plötzlich ausgebombt. Es ist überliefert, dass viele Nordhäuser noch am Abend des 03. April 1945 eine temporäre Bleibe in den Stollen des Kohnsteins, dem Mittelwerk Komplex gefunden haben. Noch vor einigen Monaten mussten Häftlinge in „Schlafstollen“ im Kohnstein überleben, unter den dort herrschenden Bedingungen.

Nun traf es die Nordhäuser Ausgebombten. Faktisch in insbesondere den gleichen Stollenkammern, in denen vorher die Häftlinge zusammengepfercht worden waren. Hier kamen viele Nordhäuser unter. Die Mittelwerk-Werkstätten lieferten in kurzer Zeit eine große Anzahl an Kisten- Betten und zusätzlich benötigter Einrichtungen für die Menschen. Um die Stollen 44 herum wurden die Ausgebombten untergebracht, es herrschte reges Treiben dort. In den Kistenbetten, die auch als Sarg benutzt wurden, fanden die Menschen eine Möglichkeit sich zu erholen oder Ihre Bleibe auf dem letzten Weg.
Die Geschichte sollte ein Fanal in die weitere Zukunft setzen: Die KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora ist ein bedeutender Ort der europäischen Begegnung und Bildung. Nordhausen soll ein Ort sein, der sich für Frieden und Völkerverständigung einsetzt.
Tim Schäfer