Bundeskanzlerin Merkel nimmt die „Osterruhe“ wieder zurück

„Das bedaure ich und bitte um Verzeihung“

Mittwoch
24.03.2021, 13:31 Uhr
Autor:
osch
veröffentlicht unter:
In einer eilig anberaumten Pressekonferenz hat Angela Merkel heute Mittag ihre Entscheidung zu einem kompletten Osterlockdown nach nur 34 Stunden wieder zurück genommen. Dem Druck aus Wirtschaft, Gesellschaft und Politik war die umstrittene Maßnahme nicht mehr gewachsen …



Nicht einmal eineinhalb Tage hatte der Beschluss der Kanzlerinnen-Runde von Dienstagnacht Bestand, den Gründonnerstag zu einem „Ruhetag“ zu machen und am Ostersamstag bis auf Lebensmittelmärkte alles geschlossen zu halten. Völlig unvorbereitet wusste niemand von Bayern bis Mecklenburg, wie er mit einem solchen Extra-Feiertag umgehen sollte. Der Handel hätte Warenlieferungen nicht mehr abbestellten können, die Arbeitgeber hätten nicht gewusst, wie sie den Tag vergüten sollen, Eltern hätten ihre Kinder nicht in die Einrichtungen bringen können, 16 Landesparlamente hätten rein rechtlich einen zusätzlichen Feiertag per Gesetz ihre Zustimmung geben müssen. Ein Sturm der Entrüstung war durchs Land gegangen, die AfD-Opposition im Bundestag vermutete schon, die Regierung und allen voran die Frau Bundeskanzlerin hätten „den Verstand verloren“.

Nun also stellte sich eine ungewohnt kleinlaute Bundeskanzlerin am Mittag vor die Hauptstadtpresse und gab zu: „Der Ruhetag war nicht vorbereitet.“ Die sechzehn Ministerpräsidenten, die am frühen Dienstagmorgen einstimmig der Regelung zugestimmt hatten, nahm Merkel demonstrativ in Schutz und verkündete, dass „ich es entschieden habe.“

Sie bezeichnete die Entscheidung als Fehler, der ihr Leid täte, obwohl es eine gute Idee gewesen sei, so vorgehen zu wollen. „Ich trage die alleinige Verantwortung dafür und bitte alle um Verzeihung wegen der entstandenen Verunsicherung.“

Am 12. April wolle man in der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) sehen, wie es weiterginge, sagte sie und dass der Weg „hart und steinig ist und auch von Rückschlägen und Fehlern gekennzeichnet.“

Sicherlich hat Merkel mit diesem Eingeständnis den notwendigen ersten Schritt zur Beruhigung der Lage getan, aber ob eine schnelle Entschuldigung am Ende reicht die erhitzten Gemüter zu beruhigen, werden die Entwicklungen in den nächsten Tagen zeigen.

Auch Vertreter des öffentlichen Lebens fordern jetzt weitere Anstrengungen. So sagte der Präsident der IHK Erfurt, Dieter Bauhaus, zur Rücknahme der Osterruhe: "Unser Druck für die Wirtschaft hat sich gelohnt - die Rücknahme der Osterruhe ist richtig. Sie stellt aber das derzeitige Krisenmanagement in unserem Land komplett in Frage. Den Frust über eine zunächst nicht nachvollziehbare und dann plötzlich kassierte Regelung zu den Ruhetagen hätte ich den Unternehmen gern erspart. In einer Situation wie der jetzigen hätte man neues Vertrauen in politische Entscheidungen generieren müssen. Das Gegenteil wurde erreicht."

Obwohl die Kanzlerin die Verantwortung für die Osterruhetags-Maßnahme übernommen hat, bleibt die Tatsache bestehen, dass sie von ihren Fachministerien offensichtlich schlecht beraten wurde und alle 16 Ministerpräsidenten dem Beschluss zugestimmt haben. Nicht einer oder eine von ihnen hat die Stimme erhoben oder sich verweigert.

In Thüringen hakt die Opposition auch sofort nach. „Die Beschlüsse der MPK zum Oster-Lockdown haben sich nicht nur als schlechter Aprilscherz erwiesen. Sie haben einmal mehr das politische Versagen auch des Thüringer Regierungschef aufgezeigt. Es ist nicht seine Aufgabe, einfach nur die Wünsche der Kanzlerin abzunicken. Er hat vielmehr Konzepte vorzulegen, die Thüringen voranbringen“, beleuchtete Thomas L. Kemmerich, Vorsitzender der FDP-Fraktion die Nacht der Entscheidungen und fragt: „Wie lange will die Landesregierung das Vorlegen eines Stufenplans mit klaren Wenn-Dann-Regeln eigentlich noch aussitzen? Die Menschen warten seit Monaten darauf. Wir müssen die Chancen, die uns Tests und Impfungen bieten, nicht nur ankündigen, sondern auch konsequent nutzen. Wer verlässliche Hygienekonzepte umsetzt, sollte branchenunabhängig öffnen dürfen. Die Bundeskanzlerin hat für ihr Agieren heute um Verzeihung gebeten. Wir erwarten auch von Bodo Ramelow, dass er Demut zeigt und endlich die Ärmel hochkrempelt.“
Olaf Schulze