nnz-Betrachtung zu schmierenden Dummköpfen von Olaf Schulze

Wenn Tisch und Wände nicht mehr ausreichen …

Dienstag
16.03.2021, 18:30 Uhr
Autor:
osch
veröffentlicht unter:
Traurig ist der Anblick, der sich Spaziergängern in der Nordhäuser Promenade an der Stadtmauer mit ihren Gedenktafeln bietet. Neben einer schon fast normalen „Duftmarke“ irgendwelcher Sprayerkünstler gesellen sich nun auch noch krude Botschaften hinzu …

Ehrentafel an der Nordhäuser Stadtmauer: Notizblock für Idioten (Foto: oas) Ehrentafel an der Nordhäuser Stadtmauer: Notizblock für Idioten (Foto: oas)


Nein, da kann die Stadtverwaltung dieses Mal wirklich nichts dafür und sie trägt keinerlei Schuld daran, wie sich gerade die Gedenktafeln an der Stadtmauer in der Promenade der Öffentlichkeit darstellen. Hier manifestiert sich nur eins: pure Blödheit!

Neben den anderen beschmierten Tafeln ragt jene mit einem Zitat des Begründers der Reformation Martin Luther heraus, in dem er die Stadt Nordhausen für ihren schnellen Übertritt zur neue Glaubensrichtung lobt. Luther selbst besuchte die Stadt am Harz mehrfach und hatte in Justus Jonas und Michael Meyenburg zwei Söhne der Stadt als tatkräftige Mitstreiter beim Gegenentwurf zur mittelalterlich verkrusteten katholischen Kirche. Dies wird einer der Gründe gewesen sein, weshalb er es im Zuge der Landesgartenschau 2004 mit einem Zitat an diese Stadtmauer geschafft hat.

Das war vor über 15 Jahren. Die Cancel Culture gab es noch nicht, aber ihre Mutter, die politische Korrektheit war schon auf der Welt. Wenn auch damals noch im fernen Amerika. Schon Ende der Neunziger Jahre stellte John Goodman alias Walter Soubchek im Kultfilm „The Big Lebowski“ in Frage, dass „Chinamänner“ der politisch richtige Termini sei für die gelbhäutigen Mitamerikaner. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt nicht daran zu denken, dass einmal der Stifter einer neuen Religionsgemeinschaft, der die Menschheit so interessante Dinge wie das Zeitalter der Aufklärung zu verdanken hat, von kleinen Schmierfinken als „Sexist“ und „Antisemit“ bezeichnet werden könnte. Dass diese Leute keinen Schimmer vom historischen Kontext der Luther-Ära haben sei geschenkt; dass sie nicht wissen, was ein „Antisemit“ ist und wann dieser Ausdruck geprägt wurde ebenfalls, aber dass sie ihre gewagte Meinung unter den Namen des Reformators schmieren mussten ist eine dreiste Frechheit und zeugt von beeindruckender Arroganz und Dummheit. Selbst wenn sie mit ihren Behauptungen Recht hätten.

Und weil das alles an Erbärmlichkeit noch nicht zu reichen scheint, sieht sich ein anderer Verstrahlter genötigt, seine kruden Ansichten zur Corona-Pandemie auf die Tafel zu schmieren. Offensichtlich im Glauben, die Tafel sei nun als eine Art Litfaßsäule frei gegeben, ruft eine dritte Botschaft in englischer Sprache zum Geschlechtsverkehr auf.

Sicherlich werden wir nie erfahren, wer diese mindestens drei Dumpfbacken waren, die weder Anstand noch einen letzten Funken an Respekt zu besitzen scheinen. Wir können aber mit ziemlicher Sicherheit ausschließen, dass es sich in diesem Falle um Islamisten, Flüchtlinge oder Rechtsradikale gehandelt hat. Nein, hier waren einfach nur Vollpfosten am Werk.

Hoffentlich gelingt es den städtischen Angestellten bald, diesen Dreck zu beseitigen. Wenn nach der Corona-Krise wieder Touristen in die Stadt kommen und das sehen müssten, dürfte das ein sehr schlechtes Licht auf die Nordhäuser werfen. Und für die ist der ganze Tatbestand auch jetzt schon zum Fremdschämen.
Olaf Schulze