Oberbürgermeister legt Kranz an Synagoge nieder

Erinnerungen an die Pogrome von 1938

Montag
09.11.2020, 16:56 Uhr
Autor
red
veröffentlicht unter:
Heute gedachte die Stadt Nordhausen am Standort der ehemaligen Synagoge im stillen Gedenken der Opfer der Pogromnacht vor 82 Jahren in Nordhausen. Aufgrund der derzeit geltenden Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 hat die Stadtverwaltung es den Nordhäuserinnen und Nordhäusern ermöglicht, dem persönlichen Gedenken im stillem Rahmen nachzukommen...

Kranzniederlegung am Gedenkstein durch Nordhausens Oberbürgermeister Kai Buchmann (Foto: Stadtverwaltung Nordhausen) Kranzniederlegung am Gedenkstein durch Nordhausens Oberbürgermeister Kai Buchmann (Foto: Stadtverwaltung Nordhausen)


Oberbürgermeister Kai Buchmann legte gemeinsam mit Bürgermeisterin Jutta Krauth und den beiden ehrenamtlichen Beigeordneten, Michael Kramer und Peter Uhley, einen Kranz am Gedenkstein nieder. Die sogenannten Novemberpogrome jähren sich in diesem Jahr zum 82. Mal. Kai Buchmann:

„Heute vor 82 Jahren durchlebten die deutschen Juden einen konzertierten und staatlich gelenkten Pogrom gegen ihre Religion, gegen ihr Hab und Gut und letztendlich gegen ihr Leben. Am 9. November 1938 brachen sich Hetze und Hass Bahn in unbeschreibbarer Gewalt und Gräuel. Die seit 1933 offen gelebte Entrechtung, Isolierung und Verachtung der jüdischen Bürgerinnen und Bürger gipfelte in ihrer Verfolgung, Verschleppung und Tötung. Dieser Ausbruch, dieser Pogrom gegen das jüdische Leben wurde von der Mehrzahl der Bürgerinnen und Bürger - in unserer Stadt wie im gesamten Land - mit einer gewissen Gleichgültigkeit oder gar offenen Zustimmung begleitet. In der Nacht brannte in Nordhausen nicht nur die Synagoge nieder - es sollte auch der Anfang der Auslöschung des jüdischen Lebens sein.

Deswegen ist es wichtig, dass wir 2020/2021 in Thüringen das Themenjahr „Neun Jahrhunderte jüdisches Leben in Thüringen“ begehen. Es zeigt, dass es den Nazis nicht gelungen ist, das jüdische Leben in unserer Stadt und unserem Land auszulöschen.
Wir verfügen in unserer Region über ein facettenreiches jüdisches Leben und besonders wichtig ist: Wir haben gemeinsame Wurzeln und insbesondere in unserer Stadt Nordhausen ein gemeinsames kulturelles Erbe.

Umso bitter ist aber auch die Erkenntnis: Ein Jahr nach dem antisemitischen Anschlag auf die Synagoge von Halle und den daraus resultierenden Morden an zwei Menschen, gibt es für Jüdinnen und Juden wieder Gründe, in Angst zu leben. 82 Jahre nach den Novemberpogromen sind unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger wieder Hetze, Verachtung und Gewalt ausgesetzt. Antisemitismus existiert nicht irgendwo, weit weg von unserer Stadt oder im Abstrakten. Antisemitische und fremdenfeindliche Tendenzen existieren in unserer Mitte.

Das Schicksal der Nordhäuser, der deutschen und der europäischen Juden macht uns deutlich:
Wir dürfen keinen Hass oder Gewalt gegen Religionen oder religiöse Minderheiten dulden.
Wir dulden gleichzeitig keinen Hass und keine Gewalt im Namen einer Religion.

Wir dürfen nicht wegschauen, wenn Hass und Hetze sich in unsere Mitte ausbreiten.
Aus diesem Grund ist das beständige Erinnern insbesondere für uns Deutsche an diesem schicksalshaften 9. November eine nicht abgeschlossene Aufgabe für unsere demokratische Gesellschaft.“