Nachgefragt

Langsam mahlen die digitalen Mühlen

Donnerstag
05.11.2020, 11:20 Uhr
Autor:
psg
veröffentlicht unter:
Die Schulen in diesem Land sollen digitaler werden. Das bedeutet auch, dass die Schülerinnen und Schüler, deren Eltern sie nicht mit einem preisintensiven "Endgerät" ausstatten können, diese kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen. Doch das ist im Landkreis Nordhausen leichter gesagt als getan...


Klar ist, die Virus-Krise in diesem Jahr hat das Rufen nach digitalen Geräten für die Bildungsarbeit lauter werden lassen. Schließlich war mit dem ersten gesellschaftlichen Herunterfahren im Frühjahr das schulische Lernen in den elterlichen Wänden plötzlich nicht nur theoretischer Natur. Das Virus steckte frecherweise die Rahmenbedingungen neu ab.

Die Erfahrungen vieler Eltern, auch die des Lehrpersonals waren, dass es so einigermaßen - abhängig von der Vorarbeit der Schulen - funktionierte. Dort, wo auch die Eltern an der Bildung ihrer Kinder interessiert sind, wurde möglich gemacht, was möglich war. Doch viele Elternhäuser konnten sich Laptops oder Tablets für ihren Nachwuchs schlicht und ergreifend nicht leisten, manche hatten überhaupt kein Interesse. Also musste staatliche Hilfe her.

Die Schulen mussten melden, wie viele Schüler aus sozial schwachen Elternhäusern bei ihnen unterrichtet werden. Eigentlich war es ein Schätzen, denn es gab keine klaren, vor allem aber nicht überprüfbare Kriterien, wer denn nun bedürftig war und wer nicht. Aber: die Schulen in kommunaler Trägerschaft meldeten es den jeweiligen Schulträgern. Im Landkreis Nordhausen sind das die Nordhäuser Stadtverwaltung (verantwortlich für Grund- und Regelschulen der Stadt) und der Landkreis (zuständig für alle Schulformen, inklusive Berufs- und Förderschulen).

Wir haben also nachgefragt. Zum Beispiel im Landratsamt. Dort bestätigte man der nnz, dass zurzeit die Beschaffung digitaler Endgeräte laufe. Finanziert werde das alles komplett aus dem Digitalpakt der Bundesregierung. Pressesprecherin Jessica Piper: "Angeschafft werden momentan 1000 iPads für alle Schulformen (Grund- bis Berufsschule). Das entspricht 55 Klassensätzen mit jeweils rund 18 Geräten. Es können im Unterricht auch zwei Schüler an einem Gerät arbeiten. Die Ladetechnik ist so ausgelegt, dass die Klassensätze jederzeit erweitert werden können. Weiterhin ist zur Erreichung einer maximalen Flexibilität jeder Klassensatz mit WLAN-fähigen sowie SIM-Geräten ausgestattet. In Ergänzung der iPads ist für nächstes Jahr noch die Anschaffung mehrerer Klassensätze spezifischer 2in1 Geräte/Laptops geplant. Hier sollen insbesondere die weiterführenden Schulen mit umfangreicheren Anforderungen an Lerntechnik unterstützt werden."

Doch der Landkreis Nordhausen geht weiter. Um die Schulen im digitalen Lehren und Lernen sowie im Einsatz der mobilen Endgeräte zu unterstützen, werden bis Jahresende alle Schulen mit schnelleren Internetanschlüssen versorgt. Von bis dato 16Mbit werden mindestens 50Mbit realisiert – teilweise sogar bis zu 250 Mbit. Analog entstehen partielle W-Lan Bereiche an jeder Schule. Auch hier geht der Landkreis in Eigenleistung.

Der Bund und das Land haben angekündigt, weitere Mittel, zum Beispiel für Laptops für die Lehrkräfte, bereitzustellen. Aber: "Wie die Anschaffung laufen soll, ist noch nicht geklärt. Hierzu der Hinweis, dass die Lehrkräfte Landesbedienstete sind und für deren Ausstattung das Land verantwortlich ist", teilt die Pressesprecherin mit.

Liest sich beim ersten Mal richtig toll, doch bleibt die Frage, ob das nur eine Ankündigung ist oder bereits Realität? Die Antwort aus dem Landratsamt: "Mit der Lieferung der Endgeräte ist voraussichtlich Anfang nächsten Jahres zu rechnen."

Den gleichen Fragenkatalog schickten wir auch der Stadtverwaltung Nordhausen. Leider blieben unsere Fragen bis zum jetzigen Zeitpunkt unbeantwortet. Im Gegensatz zur Kreisverwaltung erhielt die nnz-Redaktion nicht einmal eine Zwischenmeldung.
Peter-Stefan Greiner

Update Stadtverwaltung Nordhausen

"Heute wurde eine Ausschreibung über 584 mobile Endgeräte mit Softwarelösung zur Geräteverwaltung veröffentlicht. Im Vorfeld wurde durch die Schulen der Bedarf ermittelt. Die Stadt beabsichtigt den vollen Bedarf zu decken, statt nur den rechnerisch durch den Fördermittelgeber ermittelten Bedarf von 452 Geräten und stockt die Mittel daher auf. Am 25.11.2020 soll der Stadtrat über den Zuschlag entscheiden. Die Lieferfristen der Geräte (Stand heute) betragen vier bis sechs Wochen. Daher wie im Landkreis: Lieferung voraussichtlich im Januar 2021. Schnelles Internet (VDSL von 75-180Mbit) ist übrigens in jeder Schule in städtischer Trägerschaft vorhanden."