Nachgefragt

Von Solidarität und Existenzängsten

Sonntag
01.11.2020, 13:55 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Lockdown-Light! Was sich fast so anhört wie eine leicht verdauliche Speise, schlägt derzeit nicht nur der Gastronomie schwer auf den Magen. Cornelia Wilhelm hat in der kommunalen Politik unseres Landkreises nachgefragt...


Viele Existenzen stehen jetzt, nach den Folgen der Phase eins, erneut auf dem Spiel. Und die Lage wird sich in den kommenden Monaten nicht deutlich verbessern – trotz versprochener finanzieller Unterstützung vom Staat, sind sich viele Kenner der Szene einig.

„Warum müssen gerade wir als Sündenböcke für unvernünftiges Verhalten geradestehen, obwohl wir uns an die Hygieneauflagen gehalten und für eine entsprechende Betriebsausstattung sogar nochmal ordentlich investiert haben?“ fragen sich die Unternehmer aus der Gastronomie.

Das Team der Gaststätte Alt Nordhausen ruft vor einigen Tagen in ihrem Facebook-Accont zum Marsch auf das Rathaus auf und warnt eindringlich: „Wenn der Gastronomie das Weihnachtsgeschäft wegbricht, kommt dies einer Bankrott-Erklärung gleich.“ Man wünscht sich einen Zusammenschluss aller Gastronomen zu einer starken Stimme gegenüber der Politik. „Wir müssten uns vor dem Rathaus versammeln und unserem Oberbürgermeister unsere Ladenschlüssel vor die Füße werfen.“

Anmerkung der Redaktion:
Die Stadt Nordhausen, der Oberbürgermeister bzw. das Rathaus haben nicht die Verantwortung für die beschlossenen Corona-Beschränkungen. Sind also in diesem Fall der falsche Ansprechpartner.



Steffen Siebert, Gastronom aus Nordhausen, sieht die Gastwirtschaftsbranche zu Unrecht in Gänze an den Pranger gestellt. Seitens der Politik und der Medien würde nicht ausreichend differenziert unterschieden, woher die Zahlen kämen. Eine Verlagerung von Feiern in den privaten „Schutzraum“ Wohnzimmer, Partykeller oder Garage sei im Vergleich viel riskanter, da in den privaten Bereichen Hygienekonzepte und Kontrolle häufig nebensächlich würden. „Wir als Gastronomie haben Kredite aufgenommen, um weiter existieren zu können und um Hygienekonzepte mit Plexiglaswänden und vieles mehr finanzieren zu können.“

Und was sagt die Politik zu den neuen Richtlinien?

Katja Mitteldorf (LINKE): „Zweiter Lockdown alarmierend, aber grundsätzlich richtig“ 

Stadträtin Katja Mitteldorf (LINKE) sitzt für Nordhausen auch im Landtag. Sie bestätigt, dass der Beschluss der Länder und des Bundes derzeit noch über keine Rechtsgrundlage verfügt. Aus diesem Grund muss der Landtag auf eine Länderverordnung zur Umsetzung zurückgreifen, die derzeit durch die Landesregierung erarbeitet wird. Mit einer entsprechenden Veröffentlichung sei diesen Sonntag zu rechnen. Am kommenden Dienstag wird der Landtag darüber diskutieren.

Mitteldorf selbst findet alarmierend, dass es erneut zu einer Situation kommen konnte, die derartige Einschränkungen nötig macht. „Im Sinne der Gesundheit und der Nicht-Überlastung unseres Gesundheitssystems sind Maßnahmen zur Eindämmung des Virus allerdings grundsätzlich richtig und weiterhin geboten“, bekräftigt sie in einer Stellungnahme gegenüber der Redaktion. Dass nun bereits durch den ersten Lockdown im Frühjahr „gebeutelte“ Branchen erneut das Nachsehen haben, findet sie „extrem hart“. Die Gastronomie, aber auch die Kulturbranche hätten in den letzten Monaten bewiesen, dass Hygienekonzepte und aufwändige Umstellungen des Ablaufs wirken könnten.

„Ich wünsche mir, dass wir alle auch aus Solidarität mit diesen Branchen auch im Privaten alles dafür tun, um eventuell noch vor Ende November eine Entspannung des Infektionsgeschehens zu erreichen. Das liegt an uns allen gemeinsam!“

Michael Kramer (CDU): „Mehr Kontrolle im öffentlichen Raum“ 

Michael Kramer, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU im Stadtrat, ist anderer Meinung. Er hält eine generelle Schließung von Hotel- und Gastronomiebetrieben für falsch. Begründet sieht er dies darin, dass sich alle von ihm in den vergangenen Wochen besuchten Betriebe konsequent an die Hygiene-Auflagen hielten und die Besucher im Bedarfsfall auch daran erinnerten. „Einen ganzen Wirtschaftszweig in Sippenhaft zu nehmen ist für mich nicht nachvollziehbar.“ Im Vergleich fühle er sich bei einem Besuch im Supermarkt deutlich unsicherer, da dort mindestens 10 Prozent der Menschen ihre Nase raushängen ließen oder teilweise ganz ohne Mund-Nasen-Schutz unterwegs seien. Hier wünscht sich Kramer mehr Kontrolle.

Jörg Prophet (AfD), Fraktionsvorsitzender im Stadtrat: "Das ist die Existenzfrage"

Für die Mittelschicht und den Mittelstand stellt sich nur diese Frage, die Existenzfrage. Während betroffene Beamte und der betroffene öffentliche Dienst mit teils aufgestockten 80 oder gar 100 Prozent die nun beginnende Adventszeit in Kurzarbeit abfedern, wird es für den „normalen" Steuerzahler mit 60 bzw 67 % schon wieder sehr eng in der Haushaltskasse. Die Freiberufler, kleinen und mittelständischen Unternehmen, Gastronomie, Reise, Kosmetik, Sport, Hotels, Veranstalter und Kunstschaffende – allesamt im freien Fall.

Wieder werden Unterstützungen populistisch propagiert – Dem Betroffenen sind sie angesichts von Bürokratie und Klauseln oft keine Hilfe. Die zurückgezahlten "Hilfsgelder der ersten Welle" sind Zeichen für das Bürokratie-Monstrum à la CDU/SPD. Fachkompetenz und nicht Zeichen einer solide aufgestellten Mittelschicht und eines robusten Mittelstandes.

Politiker machen Medizin und ausgesuchte Mediziner machen Politik. Ein Banker verantwortet die Gesundheit und ein Anästhesist betäubt die Staatsfinanzen. Und alles ohne Parlament, alles vom Schreibtisch der Kanzlerin und Ihrer Getreuen – König Arthus lässt grüßen. Die Demokratie ist in der Quarantäne gefangen. Zusammen mit dem gesunden Menschenverstand.

Das weltweit teuerste Gesundheitssystem sollte sich um seine Qualifizierung große Sorgen machen.
Während der deutsche Steuer- und Abgabenzahler der Arbeit nachgeht, um den Wahnsinn zu finanzieren, läuft die Zufuhr kerngesunder Einwanderer auf vollen Touren. Schon gibt es Sorge die im Koalitionsvertrag von Schwarz Rot vereinbarte Mindestrate von 200.000 Menschen nicht zu erreichen. Da wird schnell nachgebessert. Ab sofort sind Freunde, Lebenspartner und andere nachzugsberechtigt. Das haben Sie nicht mitbekommen vor lauter Mikropanemie? Zufall?

Getestet – Infiziert – erkrankt – schwerer Verlauf – das ist der 4 Sprung in Berlin. Während China geheilt ist und Schweden die Alternative lebt, bekommen unsere Kinder Masken vors Gesicht und unsere Alten, die alles aufbauten, werden in soziale Isolierung geschickt.

Man sieht weder einen Plan im Sammelsurium der Beschränkungen noch eine Wirkung bei der Belegung der Intensivbetten. Hoffte man mit der Zeitumstellung die Mikrobe zu verwirren, sollen es nun der alkoholfreie Glühwein, die Ausgangssperre, die Maske zu Hause und der Soldat vor der Haustür richten? Oder wie will Herr Söder die Privaträume stürmen.

Das Grundgesetz der Bundesrepublik gilt nur unter dem Machtergreifungs-Infektionsschutzgesetz. Das habe ich nicht gewusst, mein Fehler. Und während in China gefeiert wird, fallen in Europa abgehackte Köpfe und der importierte Terrorismus feiert Urstände, aber wir sind ja jetzt alle zu Hause, maskiert und sicher.

Während Betroffene ohne Symptome oder mit Grippeähnlichen Verläufen das Unvermeidliche überstehen, während viele vielen Dingen versagen müssen, soziale Distanz zur neuen Normalität proklamiert werden soll, steigen psychische Erkrankungen und Selbstmordraten. Die Wirtschaft kann zum Vorzugspreis vom kommunistischen China für einen kleinen Taler gekauft werden.

Die AfD wünscht sich Expertenrunden (nicht Politikergeschwätz), die in ergebnisoffenen Diskussionen denen Rat und Richtlinie geben, die dazu nicht in Lage sind, aber ein ganzes Land mit Rizinus behandeln. Das wäre mein persönlicher Wusch und bitte, Ihr von der Mehrheit ins Amt gesetzte Mächtige: Welche Steuerlast erwartet uns denn nun zur Rückzahlung von aus dem Nichts geschaffener „Schulden, Hilfs-Milliarden"? Die Rechnung macht Ihr doch lange auf und zwar uns, dem Steuerzahler.

Landrat Matthias Jendricke (SPD): „Lockdown massiver Eingriff in das wirtschaftliche Leben“

„Die neuen bundesweiten Maßnahmen halte ich für unsere Infektionssituation im Landkreis Nordhausen für zu drastisch“, sagt der Landrat. Ursächlich stiegen im Frühjahr die Infektionszahlen zuerst in den alten Bundesländern an und liefen aus dem Ruder. Jetzt sei es wieder so. Beispielhaft führt er Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen an. Die Gesundheitsämter kämen dort mit der Kontaktverfolgung nicht mehr hinterher.

In Nordhausen sieht Jendricke die Gefahr eines schnellen Infektionsanstieges nicht gegeben. „Ich würde mir eher ein lokales Handeln wünschen“, stellt er sich gegen die Regelungen der Landesregierung, die nun in den alten und neuen Bundesländern einheitlich gelten. „Insofern hätten wir hier derzeit keine Gaststätten oder Freizeit- und Kulturangebote geschlossen“, ist sich der Landrat sicher. Ein Drang nach einheitlichen Maßnahmen entstünde aber auch aus dem Wunsch vieler Menschen heraus, die mit unterschiedlichen Vorschriften schlecht umgehen können.

„Mit den jetzt vom Bund aufgestellten Entschädigungen für die betroffenen Unternehmen kann man zwar, die wirtschaftliche Notlage abfedern, dennoch ist auch dieser Lockdown wieder ein massiver Eingriff in das wirtschaftliche Leben.“
Cornelia Wilhelm