Uwe Steimle in Neustadt

Eigentlich nicht zum Lachen zumute

Sonntag
16.08.2020, 12:00 Uhr
Autor
psg
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"Wenn uns vor 30 Jahren eener jesacht hatte, was heute in diesem Land los ist, dann hätten wir nochmal 40 Jahren durchgehalten!" Das war der Einstieg für einen vergnüglichen Abend neben der Neustädter Kirche...

Uwe Steimle in Neustadt (Foto: nnz) Uwe Steimle in Neustadt (Foto: nnz)
Umsäumt von Fachwerkhäusern und der St. Georg Kirche folgten viele Neugierige der Einladung von Frank Pojtinger zu zwei vergnüglichen, aber auch nachdenklichen Stunden mit dem Kabarettisten Uwe Steimle. Selbst unter den Corona-Bedingungen, aber dazu mehr weiter unten.

Wer sich eine Karte zu diesem Spektakel rechtzeitig sichern konnte, der wusste, was auf ihn zukommt. Gleich zu Beginn die Erich-Honecker-Parodie von der historischen Mission des IM "Covid 19" - einen besseren Einstieg konnte sich das Ü-30-Publikum nicht wünschen.

Was in den zwei Stunden dann folgte, war einerseits eine persönliche Abrechnung des Dresdners mit dem MDR, andererseits das bloße Aussprechen von Sätzen wie "Wir singen deutsche Lieder, denn noch haben wir die Mehrheit in diesem Land". Das erste, gemeinsam gesungene Lied war das von der Kleinen weißen Friedenstaube, verbunden mit einem Gruß an Erika Schirmer. Da wurden die ersten Augen schon feucht.

Klar, bei Steimle bekamen auch die Medien "ihr Fett weg". Früher, ja früher habe die Regierung die Presse zitiert, heute zitieren die Medien die Regierung, so Steimle und arbeitete sich sodann an "Marionetta Slomka und und dem Schnitzler-Imitator Klaus Kleber" ab.

Steimle, der "Entfernte des MDR", benannte Politiker als Volksverräter, denn sie sollten eigentlich dafür sorgen, dass die "Herren der Rüstungsindustrie doch bitteschön die Kosten der Flüchtlingsströme bezahlen sollten und nicht das Volk". Ja, das Volk - wenn es nicht pariert, dann kommt es einfach wieder in den Lockdown.

Immer wieder zieht Steimle den Vergleich zum Leben in der DDR - das kam auch in Neustadt bestens an. Ob beim wiederholten Singen oder beim Erinnern, dass die einstigen "konterrevolutionären Elemente" am Ende der DDR dann Helden wurden oder beim Aufarbeiten der Ossi-Geschichte durch Wessis. Letztlich geht es auch bei Uwe Steimle nicht ohne Seitenhieb auf Saskia Esken ab, als er unter dem Johlen der Zuhörer aus, dass vielleicht auch aus den Covidioten auch einmal Helden werden könnten.

Nach stehenden Ovationen, am Ende der 120 Minuten wurde Steimle dann doch nachdenklich. Er findet es mehr als bedenklich in einem Land, wenn die Führenden es soweit gebracht haben, dass der "Lügner seine eigene Lüge glaubt".

CDU im FDJ-Zeit - Gruß an "das Merkel"  (Foto: nnz) CDU im FDJ-Zeit - Gruß an "das Merkel" (Foto: nnz)
Steimle kam an. Hier im Osten, hier in Neustadt, wo natürlich der Ortsbürgermeister am besten Tisch in der ersten Reihe sitzen durfte. All das, was der Dresdner an diesem Samstagabend zum Besten gab, hatte seinen Lacher. Doch da war auch mehr. Er traf die Befindlichkeit der Menschen in diesem Land, der Menschen, die einige Jahre an Lebens- und Arbeitserfahrungen mit sich führen.

Die sonst schweigende Mehrheit sprach der Kabarettist an, die sich nahezu in jedem Satz bestätigt fühlte. Die Menschen, sie fühlen, dass irgendetwas in diesem Land nicht richtig läuft. Warum auch sonst gibt es die unterschwellige Sehnsucht nach dem, was bis 1990 war? Der Ostler - egal ob Akademiker, Handwerksmeister, Arbeiter oder Rentner - hat das feinsinnige Gespür für die Notwendigkeit von Veränderungen. Zum Beispiel (Achtung Fremdenfeindlichkeit): "Wenn der Syrer den Satz Nu, wenn de de Muddi nüscht soochst! akzentfrei aussprechen kann, dann kann er wegen mir auch hierbleiben". Oder Thüringen? Das Land mit demokratischen Wahlen...

Ist Uwe Steimle nun das Gewissen der vereinten Alters-Ossis? Bei weitem nicht, denn Steimle macht das, was Kabarett machen soll: Es soll weh tun, aber bitteschön nicht nur den Politikern, sondern auch den Zuhörern.

Dem Team um Ratskeller-Chef Frank Pojtinger war ein bitter-süßer Abend zu verdanken, der die "Seele" der Gäste streichelte. Das nächste Stückchen hält der Mann für den 30. Oktober 2020 zum Kabarett "Vergesst Winnetou" mit Ilja Richter parat.

Für die musikalisch Interessierten sei schon mal der Blick in das Jahr 2021 gewagt, dann sollen sich unter anderem Purple Schulz, David Knopfler oder Ian Anderson die Ehre im Südharz geben. Man darf sich also freuen...
Peter-Stefan Greiner

PS: Einen will ich noch zu zitieren: "Gender? Gennd Ihr vergessen!

P.S.2: Wie Frank Pojtinger der nnz versicherte wurden während der gesamten Veranstaltung die entsprechenden Bestimmungen und Verordnungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie eingehalten.