Nachlese zum Kreistag

Der Landrat hat sich im Ton vergriffen

Sonnabend
23.03.2024, 19:34 Uhr
Autor:
agl
veröffentlicht unter:
Die Bürgerliste Südharz verwehrt sich gegen die Äußerungen des Landrates des Landkreises Nordhausen, die dieser bei der letzten Sitzung des Kreistages getätigt hatte...

Die Bürgerlist verwehrt sich gegen die Äußerung, Fragen während einer Kreistagssitzung nach Investitionsprojekten und der Zusammenarbeit zwischen Landkreisverwaltung und Tochterunternehmen als „Diffamierungen“ zu bewerten und sich damit dermaßen im Ton zu vergreifen. Mit Besorgnis sieht die Fraktion die kommunalverfassungsrechtlich gesicherten Rechte der Kreistagsmitglieder dadurch in Frage gestellt. Der Bürgerliste Südharz geht es nicht um die persönliche Auseinandersetzung, sondern um den Schutz der Kommunen vor einer unausweichlichen Erhöhung der Kreisumlage.

Der Grund der Anfrage der Bürgerliste Südharz war die Vielzahl der in den letzten Jahren begonnenen, unfertigen oder bereits wieder neu geplanten Investitionen an Schulen, Sportstätten, touristischen Projekten, in Unterkünften und in der Denkmalpflege. Deren Finanzierung ist entweder zum Teil gesichert, zwischenzeitlich durch Baupreissteigerungen oder Zeitverzüge wiederum vage und andererseits gänzlich offen. Ein aktueller Statusbericht und ein folgender Kassensturz sind unausweichlich, damit der Kreistag in öffentlicher Diskussion endlich Prioritäten setzen kann. Insofern wären die Fragen nach dem Werdegang der Projekte, den Verantwortlichkeiten, den vertraglichen Situationen usw. einfach durch die Kreisverwaltung zu beantworten gewesen.

Zudem erhalten die Kreistagsmitglieder mittlerweile Beschlussvorlagen vorgelegt, welche Vereinbarungen zwischen Landkreis und Service Gesellschaft enthalten. Nicht nur in der Bürgerliste macht sich das Gefühl breit, dass mehrere dieser Kontrakte zum einseitigen Vorteil geschlossen werden. Hingegen Kosten und Risiken beim Landkreis verbleiben, z.B. der Übergang von Immobilien des Kreises, der Einkauf von Leistungen der Service Gesellschaft, die Aufnahme von Krediten, die Beschaffung von Energie oder die Arbeit als Projektbeauftragter für Sanierungsvorhaben. Auch Pflichtaufgaben des Kreises, wie etwa das Kreisarchiv, werden mittlerweile übertragen, somit dem Einfluss des Kreistages entzogen.

Darüber hinaus betraf der weitere Fragenkatalog die Ablauforganisation der Projekte zwischen Service Gesellschaft und dem Landratsamt. Es gilt seitens der Behördenleitung deutlich darzulegen, welche Regelungen im Unternehmen und auf der Gesellschafterebene vorherrschen, um eine transparente Trennung von Auftraggeber und Auftragnehmer zu ermöglichen. Der Anschein von Interessenskonflikten zwischen der hauptamtlichen Stelle im Landratsamt und dem Geschäftsführerposten eines Unternehmens, mit einer Bilanzsumme von 50 Mio. Euro, der Verantwortung für fast 200 Beschäftigte sowie zweier weiterer Unternehmen (eines davon finanziert den Hexenbesen mit aktuell 19 Mio. Euro und einer einzigen Planstelle), darf von vornherein gar nicht entstehen – auch und gerade im Sinne des/der Beschäftigten.

Der Landrat hat die Chance auf eine vorurteilsfreie Herangehensweise an die Fragestellungen durch seine Interaktion im Kreistag und das persönliche Agieren gegen ein Kreistagsmitglied aus der Hand gegeben. Seine Reaktion deutet die Bürgerliste Südharz als Signal, nun erst recht die fortlaufende, transparente Diskussion in der Sache einzufordern und diese in den Kreistag zurückzuführen. Auch wenn von der Möglichkeit der Überprüfung der Kreistagsverwaltung durch die übergeordneten Stellen Gebrauch gemacht werden muss.

Hingegen unbestritten ist das verfassungs- und kommunalrechtlich verbriefte Fragerecht der Kreistagsmitglieder, das sogar durch Entscheidungen des OVG Thüringen abgesichert ist. Dies ist bei allen unterschiedlichen Herangehensweisen in der Sache zu akzeptieren.

Anm. d. Red.: Die nnz hatte im Live-Ticker aus dem Kreistag berichtet