Petitionsausschuss des Landtages diskutiert über Lindenallee

Teures grünes Erbe in Kelbras Hainweg

Mittwoch
22.03.2017, 06:48 Uhr
Autor:
red
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Die gute Nachricht zuerst: Kelbra kann noch in diesem Jahr rund 44.000 Euro zur Pflege seiner Lindenallee einsetzen, verkündete Leader-Manager Michael Schumann. Die schlechte Nachricht: 8.800 Euro davon muss die Stadt Kelbra selbst aufbringen, denn „nur“ 35.200 Euro kommen aus dem Leader-Förderprogramm...


Und da fängt das kleine Problem an: „Unser Haushalt befindet sich immer noch in Konsolidierung“, erklärte Kelbras Bürgermeister Lothar Bornkessel. Im Klartext: Auch wenn der Baumschnitt der Lindenallee mit einer stolzen Summe gefördert wird, muss trotzdem das Geld für den Eigenanteil aufgebracht werden.

Bornkessel war zu dem Vor-Ort-Termin des Petitionsausschusses des Landtages von Sachsen-Anhalt in den Kelbraer Hainweg gekommen. Dort diskutierten die Landtagsabgeordneten Wolfgang Aldag (Bündnis 90/Die Grünen), Andreas Gehlmann und Jens Diederichs (beide AfD und aus dem Landkreis Mansfeld-Südharz) mit Wolfgang Böttcher vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie, Magdeburg, sowie mehreren Kommunalpolitikern und Mitarbeitern der Kreisverwaltung sowie mit Vertretern von Umweltinitiativen über die Zukunft der Lindenallee. Diese sei akut gefährdet, hatte der Kelbraer Norbert Worch in einer Petition an den Landtag beklagt.

Unterstützt von der Hettstedter Regionalgruppe „Pro Baum“, war die Petition von den zuständigen Gremien des Landtages behandelt und beantwortet worden. Zudem hatte sich der Petitionsausschuss entschlossen, alle für die Allee Verantwortlichen nach Kelbra einzuladen. Jens Diederichs, Mitglied des Petitionsausschusses, sähe, genau wie „Pro Baum“-Chef Peter Frobel und der Petent Norbert Worch, die Allee am liebsten eingetragen als „Geschütztes Biotop“, denn, so Diederichs: „Das war mal eine prächtige Allee. Aber selbst die 160 Kopfbäume im Hainweg sind in den letzten Jahren nicht wirklich gepflegt worden, höchstens mal verschnitten.“

Bürgermeister Lothar Bornkessel hielt dagegen: „Wir sind trotz knapper Kassen unserer Verkehrssicherungspflicht nachgekommen. Im vorigen Jahr haben wir dafür mehr als 10.000 Euro ausgegeben. Eine Pflege, wie sie Herrn Worch vorschwebt, war natürlich nicht drin.“ Immerhin hat die Stadt anderswo nachgezogen: Sie hat in einem Baumkataster alle relevanten Bäume erfasst, und sie hat eine Mitarbeiterin zu einer Baumkontrolleurin ausbilden lassen, wie Andy Heise vom Kelbraer Ordnungsamt unterstrich.

In Summe sind diese Aktivitäten Norbert Worch und Peter Frobel jedoch zu mager. Seit Jahren mahnen sie, die Lindenallee im Rahmen eines qualifizierten Pflegekonzeptes wieder gesunden zu lassen. Worch verwies auf ein Konzept, das die Stadt für die Pflege der Bäume im Hainweg 12.000 Euro netto pro Jahr kosten würde. Dies allerdings fand bislang kein Interesse, beklagte Frobel. Überhaupt: Egal, für welches Pflegekonzept das Geld ausgegeben wird, es muss zuvor der Stadtrat zustimmen, wurde gesagt. Das heißt, dass auch nicht vor Herbst mit dem qualifizierten Beschnitt der Linden begonnen werden kann.

Das Problem der so genannten Kopfbäume ist ein teures Erbe, das Kelbra aus DDR-Jahren übernehmen musste. Wenn die Kronen nicht ständig radikal heruntergeschnitten und die Austriebe nicht regelmäßig gestutzt werden, droht Kopfbäumen der Verfall; von ihrem unästhetischen Aussehen ganz zu schweigen. Allerdings gibt es viele Kritiker der künstlich gestalteten Kopfbäume. In der Runde in Kelbra fiel der Begriff „vergewaltigte Kronen“. Den Vorschlag, die Nachpflanzungen für abgestorbene Kopfbäume natürlich wachsen zu lassen, konterte Norbert Worch mit dem Hinweis auf die Gesetzeslage: „Das Gesetz fordert, das Gesamtbild zu erhalten.“ Er empfahl, jeden einzelnen Baum der Allee zu untersuchen und entsprechend zu pflegen.

Wolfgang Aldag erklärte abschließend: „Einigkeit sehe ich hier nicht. Aber ich sehe uns trotzdem auf dem richtigen Weg.“ Er unterstützte einen Vorschlag von Peter Frobel, der gemeint hatte: „Auch wenn wir unterschiedlicher Meinung sind, hören wir uns heute wenigstens zu. Vielleicht sollten wir eine Arbeitsgruppe bilden.“

Aldag machte seinem Parlaments- und Ausschusskollegen Diederichs wenig Hoffnung, dass die Allee eine Chance hätte, als geschütztes Biotop eingetragen zu werden. Immerhin seien aber kleine Schritte möglich, zum Beispiel eine konstruktive Zusammenarbeit der Bürgerinitiativen mit den Verantwortlichen der Stadt. Und selbst der Vor-Ort-Termin sei doch ein guter Anfang. Aldag erntete Zustimmung aus allen im Hainweg diskutierenden Lagern.
Jochen Miche