Jubiläum

Kommunale "Hochzeit" war Baustein des Erfolges

Mittwoch
14.04.2021, 10:00 Uhr
Autor:
psg
veröffentlicht unter:
Besondere Tage sollte man nicht unbemerkt verstreichen lassen. Vor 30 Jahren passierte in der jetzigen Einheitsgemeinde Hohenstein so etwas. In einer Ehe spricht man zu diesem Jubiläum von der Perlenhochzeit...

Nur die starke Gemeinschaft konnte das Freibad in Klettenberg erhalten (Foto: Gemeinde Hohenstein) Nur die starke Gemeinschaft konnte das Freibad in Klettenberg erhalten (Foto: Gemeinde Hohenstein)
Die Bedeutung: Wie die gemeinsam durchlebten Jahre reihen sich die Perlen aneinander und alle gemeisterten Höhen und Tiefen haben die Perlen zu runden starken Kette geformt, die nicht so leicht zu zerbrechen sind.

Im Frühjahr 1991 haben sich die ersten sechs ehemaligen Gemeinden Branderode, Klettenberg, Limlingerode, Mackenrode, Obersachswerfen und Schiedungen der heutigen Einheitsgemeinde Hohenstein zu einer Verwaltungsgemeinschaft zusammengeschlossen und den Grundstein für eine langjährige gute und enge Zusammenarbeit gelegt. Kurze Zeit später vervollständigten Holbach, Liebenrode und Trebra den Reigen und die Verwaltungsgemeinschaft „Grenzland“ nahm ihre Arbeit auf.

Vor einem Vierteljahrhundert bogen dann die Überlegungen der hiesigen kommunalen Politik zur Bildung einer Einheitsgemeinde im westlichen Landkreis in die Zielgerade in. Der Zusammenschluss von neun Ortsteilen aus einer Verwaltungsgemeinschaft heraus, sollte nach dem Willen der Gemeinderäte die Gemeinschaft noch weiter stärken, die Verwaltung verschlanken und effektiver machen und Investitionen in allen Ortsteilen möglich machen, die für ein einzelnes Dorf nicht oder nur sehr schwer machbar gewesen wären.

Die nnz hat vier Menschen getroffen, die diesen Prozess von Anfang an begleitet haben. Martin Höche, ehemaliger Gemeinschaftsvorsitzender und dann bis 2009 hauptamtlicher Bürgermeister der Einheitsgemeinde erinnert sich gut: „Schon in der Satzung der Verwaltungsgemeinschaft und dann erst recht in Vorbereitung der ersten Hauptsatzung der neuen Gemeinde, die quasi die Gründungsdokumente darstellen, wurde ein Leitgedanke geschrieben und zwar der einer Solidargemeinschaft. Schon während der Zusammenarbeit in der Verwaltungsgemeinschaft konnte man Synergieeffekte für alle nutzen. Nach der Wende bis zum Ende der 90iger Jahre waren alle Ortsteile in der Dorferneuerung und überall liefen große Investitionen, die zwar gefördert wurden, aber deren Absicherung durch die erforderlichen Eigenmittel trotzdem oft eine riesige Herausforderung war. Aber es konnte alles umgesetzt werden, von Straßenbau über Feuerwehrgerätehäuser bis hin zu Dorfgemeinschaftshäusern“, so Höche, der heute in einem Seniorenheim in Bleicherode lebt und im Gespräch mit der nnz resümiert: „Es war richtig, was wir damals gemacht haben.“

Straßen wurden wie hier in Trebra instandgesetzt (Foto: Gemeinde Hohenstein) Straßen wurden wie hier in Trebra instandgesetzt (Foto: Gemeinde Hohenstein)
Jemand, der auch seit der ersten Stunde an dieser starken Gemeinschaft mitgebaut hat, ist die Kämmerin der Verwaltungsgemeinschaft und dann der Gemeinde, seit 12 Jahren auch Verwaltungsleiterin. Marlies Biernath ergänzt die Erinnerungen: „Mit Gründung der Gemeinde Hohenstein waren die Vermögenverhältnisse der einzelnen Ortsteile sehr unterschiedlich, einige konnten einen Haushaltsüberschuss vorweisen, andere standen in den roten Zahlen, und die Schulden gestalteten sich auch recht unterschiedlich, insgesamt war der Schuldenberg sehr hoch, den wir zum Glück mit gemeinsamer Kraft kontinuierlich abbauen konnten. Nicht zuletzt dadurch konnten wir bis heute immer pünktlich einen genehmigungsfähigen Haushalt vorweisen und vor allem über wichtige Dinge, wie Hebesätze, Gebühren und die Erledigung freiwilliger Aufgaben immer noch selbst entscheiden.“

Auch Manfred Buchholz, ein Mitstreiter der ersten Stunde, erinnert sich rückblickend an zahlreiche Diskussionen: „Das Misstrauen der einzelnen Orte war immer sehr groß, was in einem gewissen Maß durchaus gesund ist, dass einer von ihnen vielleicht vergessen wird. Das hat aber die Gemeinschaftsversammlung sowie dann der Gemeinderat immer im Blick gehabt. Die festgezurrten Maßnahmen in allen Ortsteilen, die Gegenstand des Zusammenlegungsvertrages von 1996 für die Gemeinde Hohenstein waren, konnten umgesetzt werden und wir sind zwischenzeitlich über ein Vielfaches darüber hinaus. Alles war aber immer nur möglich, durch das gelebte Solidarprinzip.“

Andreas Gerbothe, auch ein beteiligter Kommunalpolitiker seit der ersten Stunde, ist stolz darauf, rückblickend die Voraussetzungen für eine positive Entwicklung aller neun Ortsteile geschaffen zu haben, was offen in den den Ausschüssen des Gemeinderates beraten und vom Gemeinderat letztlich auch beschlossen wurde. “Die Verwaltung, ich als momentan staatlich Beauftragter, zuvor seit 12 Jahren ehrenamtlicher Bürgermeister der Gemeinde und nicht zu vergessen mein Vorgänger Martin Höche sowie der Gemeinderat betrachten die Einheitsgemeinde wie eine große Familie mit neun Familienmitgliedern. Natürlich bleibt in solch einer großen Familie auch mal ein Wunsch für einige Zeit unerfüllt, aber oberste Priorität war immer: Nur, wenn es allen Mitgliedern gut geht, dann geht es auch der Familie gut”.

Anziehungspunkt für Lyrikfreunde aus Nah und Fern: das Geburtshaus von Sarah Kirsch (Foto: Gemeinde Hohenstein) Anziehungspunkt für Lyrikfreunde aus Nah und Fern: das Geburtshaus von Sarah Kirsch (Foto: Gemeinde Hohenstein)
Erinnern wollen die Vier dabei an wichtige Investitionen, wie in den Straßenbau, in die Abwassererschließung, in die beiden kommunalen Kindergärten in Klettenberg und Mackenrode, die kontinuierliche Verbesserung der technischen Ausstattung der Freiwilligen Feuerwehren in ganz Hohenstein oder den erfolgten Breitbandausbau in einigen Ortsteilen, wo für den nächsten Schritt riesige Mittel seit Jahren eingeplant sind und im Haushalt bereitstehen, oder die Umsetzung der Straßeninstandhaltungskonzepte, wovon alle Ortsteile profitierten (siehe dazu auch im nnz-Archiv). „Die Aufzählung ist keinesfalls abschließend. Jedes Jahr treten wir zum Jahresende für alle Bürger sichtbar den Nachweis an in unserem Amtsblatt mit dem Jahresrückblick durch all unsere Ortsteile“, sagt Frau Biernath.

Ein weiteres wichtiges Beispiel der funktionierenden Solidargemeinschaft ist der Einsatz der Gemeinderäte bei der Sicherung des Grundschulstandortes für all unsere Kinder in der Gemeinde, wie zum Beispiel durch die Abgabe von Teilen des einstigen Konjunkturpaketes an den Landkreis Nordhausen. Dieser konnte mit den 20.000 Euro Fördermitteln und seinem Anteil wesentliche Sanierungsarbeiten an der Grundschule in Klettenberg vornehmen oder die Übernahme der Turnhalle durch die Gemeinde. Auch das Freibad in Klettenberg wäre durch eine selbständige Gemeinde Klettenberg nicht bis heute zu erhalten gewesen.

Für die vier Gesprächspartner der nnz wird der Begriff der Einheitsgemeinde nicht mit einem Regieren über die Köpfe der Ortsteilbürgermeister und Ortsteilräte gleichgesetzt. Im Gegenteil: im demokratischen Prozess einer Entscheidungsfindung können die Ortsteilbürgermeister an allen Ausschuss- sowie Gemeinderatssitzungen teilnehmen, können Entscheidungen im Voraus mit ihren Räten diskutieren sowie beraten und haben ein Rederecht. Wenn es der gesamten Entwicklung aller dienlich ist, folgt der Gemeinderat auch generell den Entscheidungen in den Ortsteilen.

„Eines steht fest: viele Vorhaben in der Vergangenheit oder die zwischenzeitlich für die kommenden Jahre auf den Weg gebracht sind, wären für die meisten einzelnen Ortsteile nicht zu stemmen gewesen“, betont das von der nnz befragte Quartett übereinstimmend. Für Manfred Buchholz hat sich das von Martin Höche auf den Weg gebrachte und von seinem Nachfolger Andreas Gerbothe weiter verfolgte Solidarprinzip nicht nur bewährt, es ist der Garant für die kontinuierliche und transparente Weiterentwicklung der neun kommunalen Mitglieder dieser Familie, die den Namen “Einheitsgemeinde Hohenstein” trägt.
Peter-Stefan Greiner