Gespräch mit Volkan Uluc vor dem Saisonstart

"Ich würde auch zehn Jahre bei Wacker bleiben"

Donnerstag
27.07.2017, 18:24 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Donnerstagmittag, Trainingszentrum Rottleberode. Es ist kurz vor 12 Uhr. Eine Stunde später beginnt das letzte Training hier bei den sachsen-anhalter Nachbarn. Die Trainer sind schon in der Halle, Volkan Uluc hat eine halbe Stunde Zeit für ein Gespräch, in dem es um Ziele, Motivationen und Ansprüche geht…

Würde am liebsten zehn Jahre bei Wacker bleiben - Volkan Uluc (Foto: Bernd Peter) Würde am liebsten zehn Jahre bei Wacker bleiben - Volkan Uluc (Foto: Bernd Peter)

Er ist ein akribischer Vorbereiter, der Berliner türkischer Herkunft. Und er will mehr sein als ein Fußballlehrer, ein Antreiber, ein Kontrolleur. Er will motivieren, will zuhören, will verstehen, will helfen. Das war und das ist wichtig in einem Regionalliga-Kader, den er in diesem Jahr mitten in einer Saison übernommen hatte und der zutiefst verunsichert war. “Ich spürte den Pessimismus förmlich, die vielen sportlichen Nackenschläge waren nicht spurlos an der Mannschaft, vielleicht auch nicht am gesamten Verein vorüber gegangen”, erzählt Uluc.

Doch das ist Geschichte, aber es war wichtig für eine Analyse, um zu wissen, wo muss die Operation mit dem gesamten Besteck beginnen. Wer die Mannschaft, die jetzt zusammengestellt wurde, in den Vorbereitungsspielen oder in den Trainingseinheiten beobachtet hatte, wird feststellen, dass die grundlegende Operation gelungen ist. “Wir haben intensiv gearbeitet, die Jungs haben sich natürlich auch gequält, aber wir konnten komplexe Übungen im taktischen und physischen Bereich angehen und umsetzen. Und die Mannschaft hat - so mein Eindruck - verinnerlicht, mit welcher Verantwortung und Verpflichtung gegenüber dem Verein, der Region und den Fans sie da umgeht.” Selbstredend wollen alle einen erstklassigen Start am Sonntag gegen Germania Halberstadt. Doch, so Volkan Uluc, "es gibt dafür keine Garantie". Die Mannschaft sei weit gekommen, dennoch weiter entwicklungsfähig und sie wird ihre Leistungsgrenzen im Verlaufe der Saison immer weiter nach vorn schieben müssen.

Die Übernahme der Verantwortung für das Team von Wacker Nordhausen mitten in der Saison sieht Uluc unter dem Strich positiv. Er hatte - neben dem Tagesgeschäft - so beste Voraussetzungen, seinen Zwei-Jahres-Plan zu schmieden und Stück für Stück Realität werden zu lassen. Sich von Spielern zu trennen gehört ebenso zum Geschäft wie das Integrieren neuer Spieler. “Es gibt in dieser vierten Liga so viele gute und sehr gute Fußballer." Diese hohe Dichte machte es Uluc leicht, eine etwas andere Herangehensweise bei der Kaderplanung zu gehen. Priorität bei der Auswahl der Neuen hatte deren Mentalität und deren Charakter. “Fußball ist ein Mannschaftssport, die Jungs müssen zusammenpassen, müssen zusammen kämpfen und damit die Voraussetzung für guten und begeisternden Fußball schaffen”, ist sich der Cheftrainer sicher.

Dass diese Herangehensweise schon erste Früchte trägt, sahen die Fans unter anderem am vergangenen Samstag im Spiel gegen Plauen bei Lucas Scholl. “Lucas brachte das technische und fußballerische Verständnis aus München mit. Nur weil wir alle an ihn geglaubt hatten, konnte er die Spielweise in dieser harten Nord-Ost-Regionalliga verinnerlichen. Er hat sich die hier notwendige Spielmentalität zu eigen gemacht und ich bin mir sicher, dass wir alle mit ihm noch viel Freude haben werden”, meint Volkan Uluc, der den Kader nahezu verletzungsfrei durch die Phase der Vorbereitung bringen konnte. “Tino Semmer hat noch einige Probleme und Mounier Chaftar haben wir gegen Plauen schonen müssen, weil sein Knie eine doch unerwartete Reaktion gezeigt hatte. Doch da war nichts Ernstes zu diagnostizieren”. Und so kann der Trainer vor allem in der Abwehr flexibel planen, je nach Gegner mal mit einer Vierer- oder einer Dreierkette spielen lassen.

Wie aber ist es vorn mit den “Knipsern”? Der oder die Knipser müssen sich selbst entwickeln. Buval, Genausch oder Semmer - das wird sich zeigen, doch dahinter lauern schon die nächsten mit Kauffmann oder Pichinot.

Die ersten fünf Spiele haben es in sich: Halberstadt als Underdog, dann der BAK, BFC, Hertha II und Leipzig - das wird eine Bewährungsprobe für die Geschlossenheit der Mannschaft auf dem Platz. Jeder Trainer will dann sehen, wie die Mannschaft das umsetzt, was in Kleinarbeit vermittelt wurde, denn: “ich bin ein ehrgeiziger Trainer und setze auf ehrgeizige Spieler. Unter den ersten Fünf sehe ich Wacker Nordhausen in der Tabelle schon, wichtig ist vor allem die Nähe, die Schlagdistanz zu den Mannschaften vor uns. Der Punktabstand zu Cottbus und zu Jena in der vorigen Saison war schon deprimierend”, gesteht der Fußballlehrer ein, der aber auch weiß, dass Niederlagen zum Spiel an sich dazugehören.

Er erwartet von seiner Mannschaft eine absolute Bringeschuld gegenüber dem Verein und den Fans. Uluc erwartet Kampf und Begeisterung für das Spiel in einem solchen Maße, dass all das so schnell wie möglich auf die Zuschauer überspringt. Vor allem erwartet er das von den Spielern, die in der Startelf stehen werden. Die Elf haben genügend Zeit, mit dieser Verantwortung umzugehen, denn sie wissen es bereits am Samstag nach dem Abschlusstraining und können damit beruhigt in den Sonntag hineinschlafen.

Nach und nach, es ist kurz vor 12.30 Uhr, kommen die Spieler in Rottleberode an. Volkan Uluc ist immer schon vorher auf dem Platz oder in der Halle und er wird das Trainingsgelände als einer der Letzten verlassen. Denn immer gibt es etwas Zeit, um vielleicht ein persönliches Gespräch mit dem einen oder anderen Spieler zu führen. Am Abend, jetzt zur Stunde, sind Tranierstab und Mannschaft vom Präsidium zum gemeinsamen Abendessen eingeladen.

Volkan Uluc will nicht verhehlen, dass er hier in Nordhausen etwas Besonderes vorgefunden hat. “Sicher, es gab Wacker als Verein vor meiner Zeit und es wird den Verein nach meiner Zeit geben. Das ist wichtig und richtig. Schön wäre es jedoch, wenn ich eine möglichst lange Zeit am Südharz als Trainer verbringen könnte, denn der Verein und das gesamte Umfeld haben Potential zur Entwicklung”, sagt der Mann zum Abschluss. Und auf die Frage, was er - der vor Wacker mehr als zehn Vereine trainierte - unter “langer Zeit” versteht, lächelnd antwortet: “Zehn Jahre, vielleicht...”
Peter-Stefan Greiner

nnz im Gespräch mit Volkan Uluc zum Nachhören.