Feldversuch im Park Hohenrode

Geschichte mal ganz praktisch

Mittwoch
21.06.2017, 12:16 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Geschichte ist mit Zahlen, Daten und längst vergangenen Ereignissen zuweilen recht abstrakt. Ganz anders die Geologie. Die befasst sich zwar auch mit enormen Zeiträumen, ist aber überall und für jeden sichtbar. Das Herder-Gymnasium hat in Zusammenarbeit mit dem Tabakspeicher jetzt beide Disziplinen ganz praktisch verbunden...

Feldversuch im Park Hohenrode - Wie wurde vor 2.400 Jahren Eisen gewonnen? (Foto: Angelo Glashagel) Feldversuch im Park Hohenrode - Wie wurde vor 2.400 Jahren Eisen gewonnen? (Foto: Angelo Glashagel)


Ein ganzes Stück Arbeit haben die Schülerinnen und Schüler der neunten Klasse des Herdergymnasiums schon hinter sich. Aus Lehm und Heu haben sie einen sogenannten "Rennofen" nach 2400 Jahre altem Vorbild aufgebaut, haben in und um Nordhausen herum Eisenerz gesammelt, haben Holzkohle und Lehm geschleppt. Heute nun soll ihr antiker Ofen in Betrieb genommen werden. Angesichts des Materialeinsatzes von rund zehn Kilogramm "Raseneisenerz" könnte die Ausbeute allerdings recht mager ausfallen.

"Wenn wir am Ende 500 Gramm Eisen herausbekommen, dann waren wir echt gut", sagt Nadine Holesch. Die Archäologin arbeitet zur Zeit als Volontärin im Museum Tabakspeicher an der Neugestaltung der archäologischen Ausstellung und hat das Projekt der Schule fachlich und praktisch betreut.

Dennoch seien Rennöfen in verschiedenen Größen von der Eisenzeit, in unseren Breitengraden also ungefähr ab 800 v. Chr., bis ins Mittelalter hinein die gängigste Methode gewesen, um Eisen zu gewinnen, erklärt die Archäologin. "In unserer Region ist die Art und Weise wie Eisen gewonnen wurde nicht sehr gut erforscht. Aus anderen Gegenden wie der Lausitz kennt man Beispiele in denen regelrechte "Batterien" dieser Öfen zum Einsatz kamen.", erklärte Holesch, sehr wahrscheinlich hätten die Öfen nicht ständig unter Feuer gestanden, vielmehr habe es sich wohl um eine saisonale Großaufgabe gehandelt, bei der ganze Gemeinschaften ihren Bedarf an Eisen über Tage und Wochen hin gewannen. Für den Nordthüringer Raum ist die eigenständige Eisengewinnung etwa ab 400 v. Chr. belegt, aus dieser Zeit gibt es Schlackefunde die eine Verhüttung vor Ort belegen. Zuvor hat man sich wohl vor allem mit importierten Eisenbarren aus den südlicheren Regionen begnügen müssen.

Die Herstellung ist nicht einfach. Der Boden des Einweg-Ofens wird zunächst mit Heu gefüllt, dann folgen Holzkohle und Erz im Wechsel. Per Blasebalg wird das Feuer angeheizt, sodass eine möglichst konstante Temperatur von 1.100 Grad erreicht werden kann. Nach ein paar Stunden kann der Ofen aufgebrochen werden, übrig bleibt die sogenannte "Luppe". Damit auch nichts schief geht haben die Schülerinnen und Schüler, ebenfalls nach alter Tradition, an den Seiten des Ofens sogenannte "Ofengeister" angebracht, die beim Brand helfen sollen.

Archäologin Nadine Holesch hat das Projekt fachlich und praktisch begleitet (Foto: Angelo Glashagel) Archäologin Nadine Holesch hat das Projekt fachlich und praktisch begleitet (Foto: Angelo Glashagel)


Anders als unsere Vorfahren werden die Herder-Schüler ihren Ofen nicht wieder abbrechen. Das gute Stück soll Exponat einen Platz in der neuen Ausstellung des Tabakspeichers bekommen. "Die gesamte Abteilung Archäologie wird überarbeitet", es werde neue Vitrinen und auch neue Exponate geben, sagte Holesch. Die Eröffnung der überarbeiteten Ausstellung ist für Mitte November geplant.

Solange werden Herders Feldforscher auf ihre Ergebnisse nicht warten müssen, rund acht Stunden lang soll der Ofen feuern. Und da die Idee nicht im Geschichtsunterricht sondern im Fach Geographie geboren wurde, wird man sich danach auch noch mit den geologischen Eigenheiten des gewonnenen Eisens befassen. Dabei sollen die Nordhäuser Hochschule und die Universität Bayreuth behilflich sein, die über das nötige Instrumentarium verfügen um den Reinheitsgrad des Nordhäuser Eisens zu bestimmen.
Angelo Glashagel